Ins Gehirn geblickt: Forscher haben beobachtet, wie Hunde menschliche Wörter verarbeiten. Ihre Studie zeigt: Die Vierbeiner unterscheiden deutlich zwischen Begriffen, die sie kennen und solchen, die ihnen unbekannt sind. Hören sie ein neues Wort, werden bestimmte auditive Hirnregionen demnach besonders stark aktiviert. Bei Menschen ist dies interessanterweise genau anders herum, wie die Autoren berichten.
Hunde gelten nicht umsonst als „beste Freunde“ des Menschen: Kaum ein anderes Tier hat sich im Laufe seiner Domestikation so stark an uns angepasst. Das geht so weit, dass Hunde unseren Gesichtsausdruck deuten, unseren Tonfall interpretieren und nach etwas Training hunderte menschliche Wörter verstehen können. So begreifen sie etwa Kommandos und erkennen unterschiedliche Spielzeuge anhand ihres Namens.
Echtes Verstehen?
Doch was passiert im Gehirn der Vierbeiner, wenn sie solche gelernten Wörter hören? Sehen sie den Gegenstand quasi vor ihrem geistigen Auge? „Viele Hundebesitzer denken, dass ihre Hunde tatsächlich verstehen, was ein Wort bedeutet“, sagt Ashley Prichard von der Emory University in Atlanta. „Aber dafür gibt es bisher kaum wissenschaftliche Belege.“ Unklar ist zudem, ob die Hunde nicht auch auf andere Signale wie die unwillkürlichen Gesten oder den Tonfall ihrer Besitzer reagieren. „Wir wollten daher Daten von den Hunden selbst bekommen“, so Prichard.
Dafür haben die Forscherin und ihre Kollegen zwölf Hunde auf die Probe gestellt. Die tierischen Probanden hatten zuvor gelernt, während einer Aufgabe still in einem Magnetresonanz-Tomografen zu liegen. Für die aktuelle Studie wurden sie von ihren Besitzern zusätzlich darauf trainiert, die Namen zweier unterschiedlicher Objekte zuzuordnen – zum Beispiel eines Kuscheltiers und eines Gummiballs.
Blick ins Hundegehirn
Sobald die Hunde die Wörter zuverlässig mit dem richtigen Gegenstand assoziierten, folgte der entscheidende Test: Die Vierbeiner legten sich in den Magnetresonanz-Tomografen, während Herrchen oder Frauchen die gelernten Wörter aussprachen und anschließend das korrespondierende Spielzeug hochhielten. In einem zweiten Durchgang bekamen die Hunde dagegen ein bedeutungsloses Wort wie „Bobbu“ zu hören und daraufhin ein ihnen noch unbekanntes Objekt gezeigt.
Der Blick ins Gehirn offenbarte: Bei diesen Pseudowörtern wurden bestimmte auditive Hirnregionen viel stärker aktiviert als bei den zuvor gelernten Wörtern. Dies zeigt den Forschern zufolge, dass Hunde auch auf neuronaler Ebene deutlich zwischen Wörtern unterscheiden, die sie kennen und solchen, die sie nicht kennen.
Stärkere Aktivierung bei Neuem
„Das haben wir erwartet. Überraschend ist aber, dass dieses Ergebnis gegensätzlich zu dem ist, was Untersuchungen mit Menschen ergeben“, berichtet Prichard. „Wir zeigen in der Regel eine stärkere neuronale Aktivierung bei bekannten Wörtern anstatt bei unbekannten.“ Ein möglicher Grund für diesen Unterschied: Womöglich sind die Hunde bei Neuem so erregt, weil sie das Gefühl haben, dass ihr Besitzer möchte, dass sie das Gesagte verstehen. „Hunde wollen ihre Besitzer letztendlich zufriedenstellen“, sagt Prichards Kollege Gregory Berns.
Doch die Wissenschaftler fanden auch eine Gemeinsamkeit zwischen Hund und Mensch: Bei der Hälfte der Vierbeiner betraf die stärkere Gehirnaktivität vor allem den parieto-temporalen Cortex. Dieser Bereich ist nach gängiger Lehrmeinung analog zum menschlichen Gyrus angularis, in dem unter anderem lexikalische Unterschiede verarbeitet werden.
Unterschiedliche Fähigkeiten
Die andere Hälfte der Hunde zeigte allerdings in ganz anderen Hirnregionen eine erhöhte Aktivität. Prichard und ihr Team vermuten, dass dies an den unterschiedlichen Rassen und möglicherweise damit zusammenhängenden Unterschieden in den kognitiven Fähigkeiten der Hunde liegt. „Die Kapazität und Motivation, menschliche Wörter zu lernen ist von Hund zu Hund unterschiedlich. Trotzdem legen unserer Ergebnisse nahe, dass alle Vierbeiner eine neuronale Repräsentation für Wörter haben, die ihnen beigebracht wurden – und ihre Reaktion darauf über eine reine Pawlowsche Antwort hinausgeht“, konstatiert Berns.
Diese Beobachtung bedeute allerdings nicht, dass Hunde durch gesprochene Worte am besten lernen, betonen die Forscher. „Unsere früheren Forschungsarbeiten zeigen, dass visuelle Hinweise besser geeignet sein könnten, um den Vierbeinern beispielsweise einen Trick beizubringen“, schließt Prichard. (Frontiers in Neuroscience, 2018; doi: 10.3389/fnins.2018.00737)
(Emory Health Sciences, 16.10.2018 – DAL)