Astronomie

Neue Karte der Dunklen Materie

Kartierung ergibt noch immer Diskrepanzen zu den Planck-Werten

Wie genau die Dunkle Materie im Kosmos verteilt ist, bleibt bislang strittig. Eine neue Kartierung könnte nun vermitteln. © HSC Survey

Subtile Abweichungen: Astronomen haben die Verteilung der Dunklen Materie im Kosmos neu kartiert – und dabei so tief und genau wie nie zuvor ins All hinaus geblickt. Lichtverzerrungen von zehn Millionen Galaxien dienten dabei als Indikatoren für die Dichte der Dunklen Materie. Das Interessante daran: Auch diese Kartierung kommt – wie schon zuvor andere – auf eine weniger „klumpige“ Verteilung der Dunklen Materie als der Planck-Satellit.

Sie ist so rätselhaft wie allgegenwärtig: Im Universum gibt es weit mehr Dunkle Materie als normale Materie – sie verbirgt sich in unserer Milchstraße, in Dunklen Galaxien und bildet Filamente und eine unsichtbare Brücke in unserem lokalen Kosmos. Trotz ihrer Fülle ist bisher aber kaum etwas über diese seltsame Materieform bekannt – auch weil sie nur über die Schwerkraft mit normaler Materie wechselwirkt. Genau dadurch aber hat sie einen enormen Einfluss auf die Entwicklung des Universums und die Verteilung der heutigen Galaxien, Sterne und Planeten.

Rätselhafte Diskrepanzen

Umso wichtiger ist es für Astronomen und Astrophysiker, die Verteilung der Dunklen Materie möglichst genau zu kennen. Ermitteln lässt sich diese einerseits durch winzige Fluktuationen in der kosmischen Hintergrundstrahlung, wie sie der Planck-Satellit der ESA gemessen hat. Eine zweite Methode ist die Kartierung durch den schwachen Gravitationslinsen-Effekt – die schwache Verzerrung, die die Schwerkraft der Dunklen Materie auf das Licht aller fernen Galaxien ausübt.

Das Seltsame jedoch: Die bisherigen Messungen ergaben deutliche Abweichungen zwischen beiden Methoden. Die Messwerte der Gravitationslinsen-Methode kamen auf eine weniger dichte, aber dafür gleichmäßigere Verteilung der Dunklen Materie im Kosmos als die Planck-Werte.

Unsichtbare Klumpen: Diese Animation zeigt grob die 3D-Verteilung der Dunklen Materire in einem Kosmos-Ausschnitt. © HSC Survey

Tiefer Blick ins All

Jetzt haben Chiaki Hikage von der Universität Tokio und sein Team eine weitere Karte der Dunklen Materie erstellt. Sie beruht auf den Daten des Hyper Suprime-Cam (HSC) Survey des Subaru-Teleskops auf Hawaii. Im Rahmen dieser Durchmusterung haben die Astronomen die schwerkraftbedingte Verzerrung von zehn Millionen Galaxien gemessen.

Das Besondere daran: Im Gegensatz zu früheren Kartierungen blickten sie dabei besonders tief ins All hinein. „Unsere Karte gibt uns ein besseres Bild davon, wie viel Dunkle Materie es gibt und verrät uns mehr über ihre Eigenschaften“, erklärt Koautorin Rachel Mandelbaum von der Carnegie Mellon University. „Damit ist der HSC eine sehr gute Ergänzung zu den bisherigen Studien.“

Gleichmäßiger als bei Planck

Das Interessante jedoch: Auch die neue Kartierung der Dunklen Materie weicht von den Werten des Planck-Satelliten ab – aber nicht so stark. Der sogenannte S8-Parameter, der die Dichteschwankungen der Materieverteilung angibt, liegt im HSC-Survey bei 0,78 bis 0,8. Damit ist die Dunkle Materie zwar laut dieser Karte etwas „klumpiger“ als in früheren Messungen nach der Gravitationslinsen-Methode. Aber gleichzeitig ist sie gleichmäßiger verteilt als die Planck-Daten nahelegen.

Nur subtile Abweichungen: Verteilung der Materie laut HSC (links) und Planck (rechts). © HSC Survey

„Die neuen Werte sind zwar niedriger als der Planck-Wert, aber beide sind noch nahe genug, um im Einklang zu stehen“, so die Forscher. Es sei daher nicht ausgeschlossen, dass die Diskrepanzen nur auf statistische Fluktuationen zurückgehen. „Es besteht aber dennoch die Möglichkeit, dass diese niedrigeren Werte auf ein Versagen unseres Lambda Cold Dark Matter (ΛCDM)-Modells zurückgehen“, sagen Hikage und seine Kollegen.

Ob das zutrifft, könnten die weiteren Messungen des HSC-Survey zeigen. Denn bisher haben die Astronomen für ihre Karte nur das erste Jahr an Daten des Subaru-Teleskops ausgewertet. Die gesamte Durchmusterung soll aber fünf Jahre lang laufen – weitere, noch genauere Daten sind daher in Aussicht. ( arXiv:1809.09148)

(Carnegie Mellon University, 28.09.2018 – NPO)

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