Ökologie

Invasive Arten in der Waschmaschine

An Kleidung haftende Pflanzensamen überstehen sogar die Machinenwäsche

Beim Spaziergang durchs Grüne nehmen wir oft unbemerkt blinde Passagiere mit: Pflanzensamen. © Alexander Cárdenas/ iStock.com

Textile Verbreitung: Über unsere Kleidung können wir invasiven Pflanzenarten unbemerkt bei der Verbreitung helfen. Denn Samen bestimmter Spezies haften nicht nur hervorragend an Hosen und Co. Sie überstehen sogar Waschgänge in der Waschmaschine und keimen danach problemlos aus, wie ein Experiment belegt. Vor allem bei niedrigen Waschtemperaturen haben die blinden Passagiere an den Textilien demnach gute Überlebenschancen.

Ob Pazifische Auster, Waschbär oder Beifuß-Ambrosie: Längst breiten sich viele Tiere und Pflanzen auch dort aus, wo sie zuvor nicht heimisch waren. Und der Mensch hat einen großen Anteil daran. Denn nicht selten kommen invasive Arten dank unserer Hilfe in neue Gefilde. Dabei werden sie entweder gezielt eingeführt oder unbeabsichtigt mitgebracht – zum Beispiel als blinder Passagier an Schiffsrümpfen oder versteckt in importierten Bananenkisten und Blumensträußen.

Auch über unsere Kleidung können wir invasive Arten verbreiten: Dies trifft vor allem auf Pflanzen zu, die ihre Samen normalerweise im Fell von Tieren an entfernte Orte transportieren lassen. Denn ihre Kletten bleiben ebenso hervorragend auf Hosen und Socken haften. Wie effektiv eine solche Ausbreitung von Pflanzensamen ist, haben nun Wissenschaftler um Orsolya Valkó von der Universität Debrecen in Ungarn aufgedeckt. Demnach überstehen an Kleidung hängende Kletten sogar die Maschinenwäsche.

Kletten im Waschtest

Für ihre Studie testeten die Forscher, was mit Samen von neun Gräser- und neun Wildkräuterarten in der Waschmaschine passierte – darunter invasive Spezies wie das traubige Klettengras oder das Süßgras Cenchus incertus. Die Kletten hafteten im Versuch auf Fleeceshirts, Jeanshosen oder Baumwollsocken und wurden sowohl bei 30 als auch bei 60 Grad Celsius gewaschen.

Dabei zeigte sich: Nach dem Waschgang bei 30 Grad konnten alle Spezies problemlos keimen – nach der 60-Grad-Wäsche klappte dies immerhin noch bei zehn der 18 untersuchten Arten. Dabei machte es keinen Unterschied, ob die Kleidung mit Waschpulver oder in klarem Wasser gewaschen wurde. Theoretisch können Samen also den Weg von der Wiese bis zur Wäscheleine schaffen. Doch wie häufig passiert das?

Kletten haben sich an Baumwollsocken geheftet. © Réka Kiss

Erstaunlich anhänglich

Um dies abschätzen zu können, ließen Valkó und ihre Kollegen fünf Versuchspersonen mit Kletten an der Kleidung herumlaufen. Die Probanden trugen während ihres normalen Alltags acht Stunden lang ein mit Samen gespicktes Fleeceshirt, Jeans und Baumwollsocken. Jede Stunde wurde gezählt, wie viele Kletten noch da waren. Am Ende des Tages wurde die Kleidung gewaschen und danach erneut auf anhängliche Samen untersucht.

Das Ergebnis: Im Laufe des Tages verteilten die Versuchspersonen einen Teil der Kletten in ihrer Umgebung. An Fleece und Baumwolle blieben dabei bis zuletzt deutlich mehr Kletten haften als an Jeans. So waren nach der Wäsche auf dem Fleece noch 37 Prozent der Samen vorhanden und auf den Baumwollsocken 36 Prozent. Auf den Jeanshosen hafteten noch 26 Prozent der ursprünglich dort aufgebrachten Samen.

Fremde im Naturschutzgebiet

Diese Ergebnisse unterstreichen, wie leicht der Mensch invasiven Pflanzen bei der Verbreitung helfen kann und wie lange ein Spaziergang in der Natur mitunter nachwirkt – nämlich sogar noch nach dem Waschen der dabei getragenen Kleidung. Den Forschern zufolge sind aktuell rund 450 Pflanzenarten bekannt, die an Textilien haftend verbreitet werden können.

Mit dramatischen ökologischen Folgen: So ist die Verschleppung an der Kleidung von Besuchern beispielsweise der wichtigste Grund dafür, dass sich plötzlich gebietsfremde und potentiell invasive Pflanzenarten in abgelegenen Naturreservaten ansiedeln. Die Eindringlinge können dort die ursprünglichen Pflanzen- und teils auch Tiergemeinschaften empfindlich durcheinanderbringen, wie Valkó und ihre Kollegen betonen.

Niedrige Temperaturen als Problem

Mit zunehmend effektiveren Waschmitteln und dem Ziel, den Energieverbrauch von Waschmaschinen zu senken, könnte sich dieses Problem künftig weiter verschärfen. Denn dadurch werden immer niedrigere Waschtemperaturen möglich. „Heute ist 40 Grad das neue 60 Grad, was aus energetischen Gesichtspunkten sehr zu begrüßen ist. Doch gleichzeitig könnten dadurch in Zukunft noch mehr Samen die Wäsche überstehen und an Orten auskeimen, an denen sie eigentlich nichts zu suchen haben“, schreibt das Team dazu in einer Mitteilung. (Jahrestagung Gesellschaft für Ökologie, 2018)

(Gesellschaft für Ökologie, 12.09.2018 – DAL)

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