Medizin

Warum manche Menschen häufiger erkältet sind

Schädliche Umwelteinflüsse erschweren die Abwehr von Viren in den Atemwegen

Warum sind manche Menschen anfälliger für Erkältungen als andere? © Vladans/ iStock.com

Während der eine ständig schnieft und hustet, erkältet sich der andere fast nie: Forscher haben nun eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen entdeckt. Ihre Experimente zeigen: Zellen in unterschiedlichen Bereichen der Atemwege gehen nicht nur jeweils anders mit Erkältungsviren um. Sie sind auch schnell überfordert, wenn gleichzeitig eine zweite Bedrohung hinzukommt. Aus diesem Grund sind zum Beispiel Raucher anfälliger für Erkältungen als Nichtraucher.

Triefnase, Niesanfälle, Halskratzen: Die klassische Erkältung hat wohl jeden schon einmal erwischt. Verantwortlich für dieses lästige Leiden können eine Vielzahl von Viren sein – allen voran Vertreter der sogenannten Rhinoviren. Infizieren die Erreger unsere Atemwege, lösen sie mitunter unangenehme und im Extremfall sogar schwere Krankheitssymptome aus. In vielen Fällen macht unser Immunsystem den Erregern aber auch schon den Garaus, bevor wir überhaupt etwas von der Infektion bemerken.

Doch warum setzen die Erkältungsviren manche Menschen regelmäßig außer Gefecht, während andere fast nie krank werden? Wissenschaftler um Valia Mihaylova von der Yale University in New Haven haben nun untersucht, wie sich solche unterschiedlichen Krankheitsverläufe womöglich erklären lassen.

Attacke auf die Atemwege

Für ihre Studie untersuchten sie Epithelzellen aus Nasengang und Lunge gesunder Menschen. Diese Zellen stellen die erste Verteidigungslinie des Körpers gegen potenziell gefährliche Eindringlinge in den Atemwegen dar. Wie würden sie reagieren, wenn sie in Kontakt mit Rhinoviren gerieten? Es offenbarte sich: Obwohl beide Zelltypen im Experiment identischen Bedingungen ausgesetzt waren, zeigten sie nicht dasselbe Verhalten.

So beobachteten die Forscher bei den Zellen aus der Nase eine deutlich stärkere antivirale Reaktion – dies ist auch der Ort, an dem die Erreger ihre Eroberung der Atemwege typischerweise beginnen. Weitergehende Untersuchungen zeigten jedoch, dass Nasen- und Lungenzellen bei einer Rhinovirus-Infektion offenbar jeweils andere Prioritäten setzen. So war in der Nase zwar die antivirale Antwort erhöht – dafür wehrten die Zellen in der Lunge effektiver oxidativen Stress ab. Diese Form von Zellstress kann sowohl durch Viren, aber auch durch Zigarettenrauch oder Pollen ausgelöst werden.

Entweder-oder-Entscheidung

Warum aber setzen nicht beide Zelltypen gleichermaßen sowohl auf die antivirale als auch die antioxidative Strategie? Offenbar, weil sie sich für eine von beiden entscheiden müssen. Denn wie die Wissenschaftler beobachteten, schaltet die Abwehrantwort auf oxidativen Stress antivirale Verteidigungsmechanismen größtenteils aus.

Um diesen Zusammenhang näher zu untersuchen, benebelte das Team die Nasenzellen mit Zigarettenrauch – löste also oxidativen Stress aus – und infizierte sie direkt im Anschluss mit Rhinoviren. Das Ergebnis: Die Zellen kamen im Vergleich zum ersten Experiment deutlich schlechter mit der Virusattacke zurecht. „Sie überlebten zwar den Zigarettenrauch, konnten aber nicht auch noch den Erreger effektiv bekämpfen“, berichtet Mihaylovas Kollegin Ellen Foxman.

Größere Anfälligkeit

Diese Ergebnisse unterstreichen, wie empfindlich das Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Abwehrmechanismen unseres Körpers ist – und dass Zellen abhängig von ihrem Ursprungsort jeweils andere Schwerpunkte in Sachen Verteidigung setzen. Bestimmte Umwelteinflüsse können die maßgeschneiderte Abwehrantwort zwar in die eine oder andere Richtung verschieben, doch das ist mit Kosten verbunden.

„Die Atemwege schützen uns vor Krankheitserregern und anderen schädlichen Substanzen und sie machen dies gut, solange sie es mit nur einem Stressor zu tun haben. Bei zwei Stressoren zur gleichen Zeit müssen sie dagegen einen Kompromiss eingehen“, sagt Foxman. „Sie können sich zwar an einen anderen Stresstyp anpassen, bezahlen dies aber mit einer größeren Anfälligkeit für andere schädliche Einflüsse – zum Beispiel Rhinoviren.“

Raucher sind empfindlicher

Damit zeichnet sich ab: Es gibt offenbar einen Zusammenhang zwischen bestimmten Umwelteinflüssen und dem individuellen Risiko, an einer Erkältung zu erkranken. Dies könnte den Forschern zufolge auch erklären, warum Raucher häufig empfindlicher auf Rhinovirus-Infektionen reagieren und anfälliger für Schnupfen und Co sind als Nichtraucher. (Cell Reports, 2018; doi: 10.1016/j.celrep.2018.08.033)

(Yale University, 12.09.2018 – DAL)

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