Breite Wirkung: Forscher sind einem wirksamen HIV-Impfstoff möglicherweise einen Schritt näher gekommen. Sie haben herausgefunden: HI-Viren mit speziellen Hüllproteinen lösen im Körper von Patienten offenbar eine effektive Immunantwort mit breit wirkenden Antikörpern aus. Die Erbinformation dieser seltenen Erregerstämme könnte nun dabei helfen, ein schlagkräftiges Vakzin zu entwickeln.
Das Aids-Virus grassiert noch immer: Rund 37 Millionen Menschen sind weltweit mit HIV infiziert – allein 90.000 davon in Deutschland. Für all diese Patienten gibt es inzwischen zwar wirksame Therapien. Ein Heilmittel oder eine Schutzimpfung gegen Aids aber sind bisher noch Zukunftsmusik. Doch wie lange noch?
Wissenschaftler haben auf der Suche nach potenziellen Impfstoffen in den vergangenen Jahren einige Fortschritte gemacht. Unter anderem entdeckten sie, dass rund ein Prozent aller HIV-Infizierten spezielle Abwehrstoffe produzieren. Diese Antikörper richten sich nicht nur gegen einen Virusstamm, sondern wirken gegen die meisten weltweit zirkulierenden Erregerstämme und könnten daher der Schlüssel zu einem wirksamen Vakzin sein.
Virus-Erbgut im Blick
Roger Kouyos vom Universitätsspital Zürich und seine Kollegen erforschen, welche Faktoren für die Produktion dieser breit wirkenden Antikörper entscheidend sind. Demnach beeinflussen etwa die Menge und die Vielfalt der Viren, die Infektionsdauer oder die Ethnizität der Betroffen die Immunantwort. Nun hat das Forscherteam eine weitere wichtige Einflussgröße identifiziert: die Gensequenz des HI-Virus.
Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler Blut- und Virusproben von rund 4.500 mit dem Aids-Erreger infizierten Menschen. Dabei stießen sie auf 303 potenzielle Ansteckungspaare – Patienten, die sich aufgrund der Ähnlichkeit der Virus-RNA wahrscheinlich mit demselben Virusstamm infiziert haben.
Hüllproteine entscheidend
Vergleiche der Immunantwort dieser Patientenpaare zeigten: „Das HI-Virus selbst hat einen Einfluss darauf, wie groß die Menge und die Spezifität der Antikörperreaktion sind“, sagt Kouyos. Entscheidend sind dabei vor allem die Hüllproteine des jeweiligen Erregers. Diese Eiweiße auf der Virusoberfläche bilden den Angriffspunkt für Antikörper und unterscheiden sich je nach Virusstamm und Subtyp.
Doch welche Hüllproteine bewirken den effektivsten Abwehrschutz? Bei ihren Analysen fiel den Forschern ein Patientenpaar besonders ins Auge: Im Körper dieser Probanden zirkulierten Viren, die offenbar eine sehr starke Aktivität breit neutralisierender Antikörper hervorriefen. „Einen Kandidaten haben wir damit jetzt gefunden“, konstatiert Mitautorin Alexandra Trkola von der Universität Zürich.
Basierend auf diesen Ergebnissen will das Team in Zukunft mit der Entwicklung eines Immunogens beginnen – und außerdem nach weiteren Viren mit vielversprechenden Hüllproteinen suchen. (Nature, 2018; doi: 10.1038/s41586-018-0517-0)
(Universität Zürich, 11.09.2018 – DAL)