Tödliche Alternativkost: Womöglich war eine erzwungene Ernährungsumstellung am Aussterben der Mammuts schuld. Analysen von Fossilien aus der Ukraine legen nahe, dass die Dickhäuter kurz vor ihrem Untergang plötzlich andere Pflanzen fraßen als zuvor – wahrscheinlich, weil das von ihnen bevorzugte Steppengras aufgrund klimatischer Veränderungen verschwunden war. Das Problem: Die Mammuts konnten die neue Kost nicht nur schlechter verwerten. Sie mussten auch mit anderen Pflanzenfressern um sie konkurrieren.
Wollhaarmammuts waren einst die am weitesten verbreiteten Großsäuger auf unserem Planeten – und gelten zu Recht als die Symboltiere für die letzte Eiszeit. Vor 15.000 Jahren aber endete die Erfolgsgeschichte dieser Dickhäuter: Sie verschwanden aus weiten Teilen ihres Verbreitungsgebiets. Auf abgeschiedenen Inseln überlebten einige Mammuts zwar noch ein paar tausend Jahre länger – doch schließlich starb die Art vollständig aus.
Was aber brachte Mammuthus primigenius den Untergang? „Ob eine übermäßige Bejagung das Aussterben der Tiere verursacht hat oder rasche Klimaveränderungen zum Ende der Eiszeit, ist bis heute umstritten“, sagt Dorothée Drucker von der Eberhard Karls Universität Tübingen. Auf der Suche nach einer Antwort haben die Wissenschaftlerin und ihre Kollegen nun 18.000 bis 17.000 Jahre alte Mammut-Fossilien aus der Ukraine untersucht.
Überraschender Befund
Das Forscherteam analysierte die Zusammensetzung von Kohlenstoff- und Stickstoffisotopen im Knochenkollagen, um mehr über die Ernährung der Mammuts herauszufinden: Welche Pflanzen fraßen die eiszeitlichen Verwandten der heutigen Elefanten? „Frühere Untersuchungen zeigen, dass sich die Tiere in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet – von Südwestfrankreich bis Alaska – überwiegend von Steppengras ernährten. Damit unterschied sich ihre Ernährung deutlich von anderen Pflanzenfressern wie Wollnashörnern, Pferden oder Bisons“, erklärt Drucker.
Umso überraschender war das Ergebnis, das die Auswertung der ukrainischen Proben ergab: niedrige Stickstoffisotopenwerte. „Solche Werte kennen wir sonst nur von fossilen Pferdeknochen“, berichtet Drucker. Das bedeutet: Anders als zuvor üblich, ernährten sich die Mammuts kurz vor dem Beginn ihres Aussterbens offenbar ähnlich wie andere Pflanzenfresser anstatt weiter ihre eigene ökologische Nische zu besetzen.
Futterknappheit durch Klimawandel
Aber warum? Die Forscher vermuten, dass die Wollhaarmammuts in der Ukraine ihr bisheriges Futter aufgrund von Klimaveränderungen nicht mehr vorfanden. „Die Mammuts mussten demnach mit anderen Pflanzenfressern um ihre Nahrung konkurrieren, zudem war die Alternativkost nicht optimal für die großen Tiere“, konstatiert Drucker. Der Versuch, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen, könnte zusätzlich durch die Bejagung durch den Menschen erschwert worden sein.
Die Wissenschaftler schlussfolgern daraus, dass die osteuropäischen Mammuts tatsächlich aufgrund des Klimawandels und der daran geknüpften Veränderungen ihrer Umwelt ausstarben. „Ob dies auch bei anderen Mammutpopulationen der Fall ist, müssen wir noch untersuchen“, schließt Drucker. (Quaternary Research, 2018; doi: 10.1017/qua.2018.40)
(Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen, 29.08.2018 – DAL)