Soforthilfe durch die Nase: Nach einem Schlaganfall könnte künftig ein spezielles Nasenspray schwerere Hirnschäden vermeiden helfen. Denn wie Versuche mit Mäusen nahelegen, schützen bestimmte Proteine die Hirnzellen vor dem Absterben nach dem Schlaganfall – und das funktioniert auch, wenn sie als Spray durch die Nase verabreicht werden. Bevor diese Therapie jedoch beim Menschen angewendet wird, muss sie noch zahlreiche Tests durchlaufen, betonen die Forscher.
Bei einem Schlaganfall durch eine verstopfte Hirnarterie oder eine Hirnblutung kommt es oft zu schwerem Sauerstoffmangel ganzer Hirnbereiche. Hält dieser zu lange an, drohen die Neuronen abzusterben – Lähmungen und geistige Ausfälle sind die Folge. Diese Schlaganfall-Folgen können zwar mit gezielter Therapie und Rehabilitation in vielen Fällen gebessert oder sogar rückgängig gemacht werden, nicht jedoch in allen. Denn sind die Gehirnzellen einmal abgestorben, wachsen keine neuen nach.
Proteine als Schutztruppe
Umso wichtiger ist es daher, von Vornherein den Tod von Hirnzellen bei einem Schlaganfall zu verhindern. Eine Methode dafür könnte nun ein Forscherteam der Universität Heidelberg um Hilmar Bading gefunden haben. Sie haben untersucht, ob und wie sich körpereigene neuroprotektive Mechanismen für die Schadensbegrenzung nach einem Schlaganfall nutzen lassen.
„Wir wissen, dass aktivierte Nervenzellen Proteine herstellen, die vor Zelltod schützen“, erklärt Bading. Diese Proteine, Activin A und SerpinB2, hemmen Rezeptoren im Gehirn, die bei Durchblutungsmangel eine toxische, den Zelltod fördernde Reaktion hervorrufen. Solange die Hirnareale aktiv sind, werden diese Schutzproteine produziert, in den von einem Schlaganfall betroffenen Arealen geschieht dies jedoch nicht mehr.
Weniger Schäden nach Nasenspray
Für ihr Experiment lösten sie bei Mäusen zunächst einen Schlaganfall in der zentralen Hirnarterie aus, verabreichten dann aber einigen von ihnen sofort die beiden Schutzproteine mittels Nasenspray.
Es zeigte sich: Die Mäuse, die nach ihrem Schlaganfall die Schutzproteine bekommen hatten, wiesen deutlich weniger Hirnschäden auf. Es trotz der gleichen Verstopfung der Blutzufuhr weniger Hirnzellen zugrunde als bei den Kontrolltieren ohne das Protein-Nasenspray, wie die Forscher berichten. Ihrer Ansicht nach sprechen diese Ergebnisse dafür, dass ein ähnliches Verfahren auch Menschen mit Schlaganfällen vor schwereren Schäden bewahren könnte.
Wirksam auch beim Menschen?
Allerdings: Noch ist diese Schutzwirkung des Protein-Nasensprays nur mit Mäusen getestet. „Bis zu einer klinischen Anwendung am Menschen werden leider noch viele Jahre vergehen, da bis zur Zulassung eines neuen Wirkstoffes als Arzneimittel eine Reihe von Prüfphasen erfolgreich durchlaufen werden müssen“, betont Bading.
Dennoch sind die Wissenschaftler zuversichtlich, dass dieses „nicht-invasive und außergewöhnlich einfache Therapieprinzip“ bei akuten Hirnschädigungen wie einem Schlaganfall wirksam sein könnte. Möglicherweise könnte die Verabreichung solcher Schutzproteine durch die Nase auch bei chronischen neurodegenerativen Erkrankungen, wie der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS), bei Alzheimer oder der Chorea Huntington helfen, so die Forscher. (Molecular Therapy, 2018; doi: 10.1016/j.ymthe.2018.07.018)
(Universität Heidelberg, 27.08.2018 – NPO)