Spektakulärer Fund: Paläontologen haben in den USA das bisher älteste und besterhaltene Fossil eines Flugsauriers entdeckt. Der rund 200 Millionen Jahre alte Pterosaurier Caelestiventus hanseni ist einer der wenigen Exemplare dieser Flugechsen aus dem Zeitalter der Trias – und der erste Flugsaurier aus dieser Zeit, der in einer Wüstengegend lebte, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Ecology & Evolution“ berichten. Sein gut erhaltenes Skelett liefert ganz neue Einblicke in die frühen Pterosaurier.
Die Pterosaurier waren die ersten Wirbeltiere, die das Fliegen beherrschten. Von der späten Trias vor 215 Millionen Jahren bis zu ihrem Aussterben am Ende der Kreidezeit vor 66 Millionen Jahren dominierten sie den Luftraum. Doch gerade aus ihrer Anfangszeit sind heute kaum noch Fossilien erhalten – die zarten Knochen der urzeitlichen Flugechsen hielten der Zeit nicht stand.
Fund im Sandsteinblock
„Die meisten Flugsaurier-Fossilien aus der Trias bestehen nur aus einem einzigen Knochen, beispielsweise einem Finger oder einem Halswirbel“, erklärt Erstautor Brooks Britt von der Brigham Young University in Utah. Insgesamt sind überhaupt nur 30 solcher Teilfossilien aus jener Zeit bekannt und diese stammen ausschließlich aus der europäischen Alpenregion und aus Grönland – Regionen, die in der Trias am Meer oder in Flussmündungen lagen.
Kein Wunder, dass Britt seinen Augen kaum traute, als die neuen Fossilien aus einen großen Steinblock freilegte, der aus der 200 Millionen Jahre alten Nugget-Sandsteinformation in Utah stammte. Weil an der Fundstelle tausende prähistorische Knochen in das Gestein eingebettet sind, präparierten die Paläontologen die einzelnen Fossilien erst im Labor aus den geborgenen Sandsteinblöcken heraus.
Einer der ersten Pterosaurier
Das Überraschende: Ein Teil der eingebetteten Knochen erwiesen sich als Überreste eines Flugsauriers – und dieses Fossil war erstaunlich gut erhalten und vollständig. „Wir haben die Seiten des Kopfes und das komplette Dach der Schnauze, außerdem den Hirnschädel, die Unterkiefer und Teile des Flügels“, berichtet Britt. „Die Relikte sind größtenteils unversehrt, so dass sie Details enthüllen, die in den normalerweise geplätteten und zerquetschten Skeletten anderer früher Flugsaurier nicht zu erkennen sind.“
Der Caelestiventus hanseni getaufte Pterosaurier ist damit nicht nur der am besten erhaltene frühe Flugsaurier, er ist mit rund 200 Millionen Jahren auch einer der ältesten dieser Reptiliengruppe, wie die Forscher berichten. Mit einer Flügelspannweite von rund eineinhalb Metern ist Caelestiventus der bisher größte Flugsaurier aus dieser Zeit. Zudem ist dieses Fossil der erste Pterosaurier aus der Trias, der nicht in Grönland oder im Alpenraum gefunden wurde.
Ein Flugsaurier im Sandmeer
Ungewöhnlich auch: Caelestiventus hanseni lebte nicht wie die meisten anderen Flugsaurier in der Nähe des Meeres oder eines Flusses. Stattdessen hielt er in einem extrem unwirtlichen Lebensraum auf: einer ausgedehnten Sandwüste. Denn in der späten Trias war dieses Gebiet Nordamerikas von einem Sandmeer bedeckt, das sich über 2,23 Millionen Quadratkilometer erstreckte, wie die Paläontologen berichten.
„Das zeigt, dass die frühesten Pterosaurier bereits geografisch verbreitet und ökologisch vielseitig waren – sie lebten sogar in einer Wüstengegend“, so die Forscher. Von der nächsten Meeresküste war Caelestiventus mehr als 800 Kilometer weit entfernt. Wovon er sich ernährte und wie er seinen Wasserbedarf deckte, ist bisher unbekannt. Bisher sind nur zwei weitere Fundstellen von Flugsauriern in Trockengebieten bekannt, die aber beide aus der Kreidezeit stammen und damit deutlich jünger sind.
Ein Kehlsack und gute Augen
Einen Hinweis auf die Lebensweise dieses ungewöhnlichen Flugsauriers könnten die Knochen seines Unterkiefers liefern. Denn sie besitzen einen auffallenden Knochenvorsprung, der auf die Existenz eines Kehlsacks hindeuten könnte – ähnlich wie ihn die heutigen Pelikane besitzen. „Ein solcher Kehlsack könnte zum Speichern von Beute genutzt worden sein, aber auch für die visuelle Kommunikation oder Lautäußerungen, wie bei männlichen Fregattvögeln oder der Echse Draco“, sagen die Forscher.
Der gute Erhaltungszustand des Schädelknochens ermöglichte es den Paläontologen sogar, Rückschlüsse auf das Gehirn und die Wahrnehmung des Flugsauriers zu ziehen. Demnach besaß Caelestiventus hanseni wahrscheinlich einen sehr gut ausgeprägten Sehsinn, konnte dafür aber wohl nur sehr schlecht riechen. (Nature Ecology & Evolution, 2018; doi: 10.1038/s41559-018-0627-y)
(Brigham Young University, 14.08.2018 – NPO)