Der Mond fasziniert die Menschen schon seit ewigen Zeiten. Ihm werden geheimnisvolle Kräfte zugeschrieben, die angeblich unser alltägliches Leben entscheidend beeinflussen. So sollen bei Vollmond beispielsweise mehr Kinder geboren werden als sonst und auch viel häufiger Unfälle passieren. Während diese und viele andere Mondmythen von Forschern längst als falsch entlarvt worden sind, hält sich ein weiterer bis heute hartnäckig: Bei Vollmond schläft man schlechter. Aber stimmt das auch?
Umfragen zufolge behaupten dies rund die Hälfte aller Deutschen. Doch stimmt dies wirklich? „Nein, wiederholte Untersuchungen haben ergeben, dass in Vollmondnächten Schlafstörungen nicht häufiger auftreten als in anderen Nächten“, sagt der Schlafforscher Tilmann Müller vom Universitätsklinikum Münster. Bestätigt wurde dies sowohl bei objektiven Schlafmessungen in Schlaflaboren als auch durch die Auswertung von Schlaftagebüchern.
Ein Grund dafür ist nach Angaben von Wissenschaftlern, dass der Mond gar nicht so kräftig leuchtet, wie man meint. Gerade mal 0,2 Lux hell ist er in einer sternenklaren Vollmond-Nacht. Eine Straßenlaterne gibt Schlafforschern zufolge 50 bis 100 Mal mehr Licht ab. „Im Vergleich zum Nachthimmel – 0,001 Lux – erscheint uns der Vollmond natürlich unglaublich hell“, erklärt die Chronobiologin und Schlafforscherin Andrea Rodenbeck von der Charité – Universitätsmedizin Berlin.
Schlaflosigkeit bei Vollmond bleibt im Gedächtnis
Den Vollmond für seine Schlaflosigkeit verantwortlich zu machen, ist demnach wissenschaftlich gesehen Unsinn. Aber warum glauben dann trotzdem so viele Menschen „mondfühlig“ zu sein? „Das ist wie bei der Entstehung von Aberglauben: diese Nächte bleiben uns einfach besser im Gedächtnis, weil wir die Schlafstörung an etwas Konkretem festmachen können“, sagt Rodenbeck.
Wenn wir erst ein paar Mal diese Erfahrung gemacht hätten, dann setze sie sich samt Erwartungshaltung unbewusst fest – selbst wenn das Zimmer ausreichend verdunkelt ist. Wissenschaftler sprechen in so einem Fall von einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung. Hinzu kommt eine selektive Wahrnehmung durch die Betroffenen. „Ich habe schlecht geschlafen – ach ja, es war Vollmond.“ Dies werde von den Betroffenen registriert, erklärt Müller. „Ich habe schlecht geschlafen: ach ja, es war Neumond, Dreiviertelmond, Halbmond“, dagegen nicht.
Keine messbaren Einflüsse auf den Menschen
Auch die Frage, ob man bei Vollmond häufiger schlafwandelt, verweist der Forscher ins Reich der Legenden: „Dass Schlafwandeln etwas mit dem Vollmond zu tun haben könnte, ist ebenso ein Mythos wie der von der angeblichen schlafwandlerischen Sicherheit“, sagt Müller. Bisher gebe keine Hinweise darauf, dass der Mond, ob voll oder nicht, einen messbaren Einfluss auf die Physiologie des Menschen habe.
Anders ist dies bei einigen Tieren wie beispielsweise dem Palolo-Wurm der Südsee. Dieser in Korallenriffen lebende Wurm synchronisiert seine Eiablage nach dem Mond. Jedes Jahr in der siebten Nacht nach dem ersten Herbst-Vollmond stoßen tausende Würmer ihre mit Eiern oder Spermien gefüllten Hinterenden ab, deren Hüllen an der Meeresoberfläche platzen, Eizellen und Spermien vermengen sich. Die Strategie hinter diesem Massenereignis: Tiere, die die nahrhaften Wurmenden fressen, sind von diesem Überangebot überfordert und lassen noch genügend übrig, um den Fortbestand der Würmer zu gewährleisten.
26.07.2018 – DLO