Ob Olivenbäumchen, Hibiskus oder Balkonrose: So unterschiedlich die verschiedenen Topf- und Kübelpflanzen auch sind, in einem scheinen sie sich alle einig: Sie mögen keine zu kleinen Töpfe. Werden ihre Wurzeln eingezwängt, wachsen sie nur noch langsam und scheinen oft genug vor sich hin zu kümmern. Aber warum eigentlich? Bekommt die Pflanze zu wenig Wasser, weil ihre Wurzeln nicht ausreichend wachsen können? Oder fehlt es an Nährstoffen, weil vor lauter Wurzelwerk kaum noch nahrhafte Blumenerde übrig ist?
Wenn Pflanzen in zu kleinen Töpfen wachsen, verlangsamt sich ihre Photosynthese. Sie bekommen dann weniger Energie, um neues Pflanzenmaterial zu bilden, wie Hendrik Poorter vom Institut für Bio- und Geowissenschaften am Forschungszentrum Jülich erklärt. Daadurch wachse die Topfpflanzen langsamer. „Allerdings liegt das nicht an einem verringerten Angebot an Wasser oder Nährstoffen“, sagt der Forscher, der diese Frage gemeinsam mit Kollegen näher untersucht hat.
Entscheidend sind weder Nährstoffe noch Wasser
Bei Pflanzen in zu kleinen Töpfen habe man beispielsweise kaum weniger Stickstoff in den Blättern gefunden als bei solchen in großen Töpfen. Der Anteil dieses Nährstoffs in den grünen Pflanzenteilen zeigt normalerweise an, wie gut eine Pflanze mit diesem für das Wachstum unerlässlichen Element versorgt ist. „Aber wir haben nur einen leichten, nicht signifikanten Unterschied gefunden“, sagt Poorter. Eine Pflanze in einem kleineren Topf erhält demnach zwar etwas weniger Nährstoffe. Das reicht aber nicht aus, um ihr im Vergleich sehr kümmerliches Wachstum zu erklären.
Und was ist mit Wassermangel? Immerhin saugt die Pflanze über ihre Wurzeln das lebensnotwendige Nass aus dem Boden auf. Wenn sie nicht so viele dieser fädigen Ausläufer ausbilden kann, bekommt sie vielleicht einfach zu wenig Wassernachschub? „Theoretisch könnten zu kleine Töpfe tatsächlich die Wasserversorgung der Pflanzen beeinträchtigen“, sagt Poorter. Denn sie speicherten weniger Feuchtigkeit und die Erde trockne daher schneller aus. Seltsamerweise aber wachsen auch Pflanzen in Hydrokultur in kleinen Töpfen deutlich langsamer – obwohl ihre Töpfe ständig bis zum Rand mit Wasser gefüllt sind. Wassermangel könne dafür nicht verantwortlich sein, sagt Poorter.
Fühler im Erdreich
Was aber ist es dann, wenn nicht die schlechtere Versorgung mit Wasser oder Nährstoffen? „Die Pflanzen erspüren über ihre Wurzeln die Topfgröße und stellen ihr Wachstum darauf ein“, erklärt Poorter den Mechanismus. Mittels Kernspintomografie könne man sogar beobachten, dass die Wurzeln der Pflanzen nach dem Eintropfen wie eine Art Fühler rasch bis an die Topfränder wachsen – als wollten sie ausmessen, wie viel Platz ihnen zukünftig zur Verfügung steht. Nach Angaben des Forschers ist es also die Enge an der Wurzel selbst, die die Pflanzen einen Gang zurückschalten lässt. Und diese Reaktion erfolgt offensichtlich ziemlich schnell: In einem Versuch beobachteten britische Forscher schon zehn Minuten nachdem sie die Wurzeln einer Pflanze in einen engen Topf gesetzt hatten, eine Veränderung: Die Blätter der Pflanze wuchsen langsamer als vorher.
„Das deutet darauf hin, dass es eine Art Signal gibt, wenn ein großer Teil der Wurzeln nicht mehr ungehindert wachsen kann“, sagt Poorter. Das Wurzelwerk schlägt dann quasi Alarm und meldet an die oberirdischen Pflanzenteile, dass es vorsichthalber schon mal langsamer wachsen soll. in welcher Form diese Kommunikation vonstatten gehe, sei aber noch unklar, sagt Poorter.
Optimal wären ein Liter Platz pro Gramm Pflanzenmasse
Aber wie groß sollte denn ein idealer Topf nun sein? Zusammen mit Kollegen in Madrid haben die Jülicher hierfür kürzlich eine Faustregel aufgestellt: Pro Gramm Biomasse der Pflanze sollte ein Liter Topfvolumen zur Verfügung stehen. Theoretisch müsste man demnach die Pflanze erst wiegen und dann ausrechnen, wie groß der Behälter sein muss. Allerdings dürfte das Ergebnis für Zimmerpflanzen oft kaum umsetzbar sein. Denn ein Gummibaum, der vielleicht ein Kilogramm wiegt, müsste dann schon einen Bottich von 1.000 Litern Fassungsvermögen bekommen – das wäre so groß wie ein Müllcontainer.
Aber auch schon kleine Verbesserungen können schon viel bringen, wie Poorter tröstend versichert: Schon bei einer Verdoppelung der vorherigen Topfgröße könnten Pflanzen bis zu 40 Prozent an Größe zulegen.
16.05.2013 – NPO/dapd