Die Bikinisaison naht, deshalb nutzen viele den Frühling, noch schnell ein paar Kilos abzunehmen. Bei vielen allerdings sind die Pfunde, kaum verloren, bald schon wieder drauf. Aber warum? Weshalb scheitern so viele Diäten? Mit dieser Frage hat sich Thomas Ellrott, Leiter des Instituts für Ernährungspsychologie (IfE) an der Universitätsmedizin Göttingen, beschäftigt. Er nennt einige Gründe, warum viele Abnehmwillige mit ihren Diätversuchen scheitern.
80 Prozent der Deutschen haben bereits mindestens einmal versucht, mit Hilfe einer Diät ihr Gewicht zu reduzieren. Oft jedoch ohne langfristigen Erfolg. Der so genannte „Jo-Jo-Effekt“ sorgt dafür, dass die Waage nach dem Abnehmversuch oftmals genau so viel oder sogar noch mehr Kilos anzeigt als vorher. „Diäten sind als Einzelmaßnahme zum Gewichtsmanagement nur in seltenen Fällen langfristig erfolgreich“, sagt Ellrott. „Es gibt eine Vielzahl von Barrieren, die dies verhindern. Wenn jedoch die möglichen Ursachen des Diätversagens bekannt sind, können bestehende Behandlungskonzepte optimiert werden.“
Kurz weniger Essen reicht nicht
Für Abnehmwillige sind Diäten meistens eine zeitlich begrenzte Maßnahme, um das Gewicht möglichst schnell zu senken. Viele Diäten sind auch von vornherein so aufwändig, dass sie sich nur kurzfristig durchhalten lassen. Sind die Kilos reduziert, wird die Diät beendet. „Das ist in etwa so, als ob der Hausarzt das Blutdruckmedikament absetzt, wenn mit Hilfe des Medikaments der richtige Blutdruck eingestellt ist“, sagt Ellrott. „Eine stabile Gewichtsreduzierung ist nur zu erreichen, wenn sich die Essgewohnheiten und der Lebensstil langfristig ändern, also über die Phase der Gewichtsreduktion hinaus. Bei vielen Diäten wird dies nicht berücksichtigt.“ Ursprünglich hat das Wort „Diät“ eben diese Bedeutung: Das Wort kommt aus dem Griechischen und bedeutet Lebensführung.
Eine weitere Ursache für das Scheitern von Diäten sieht Ellrott in völlig unrealistischen Zielen, die viele Abnehmwillige sich setzen. Bei einem Ziel, fünf Kilogramm Körpergewicht pro Woche abnehmen zu wollen, ist der Misserfolg vorprogrammiert. „Da solche Ziele mit hoher Wahrscheinlichkeit verfehlt werden, bricht die Motivation zusammen und die begonnenen Maßnahmen werden komplett abgebrochen“, so Ellrott. Es gebe zudem auch keine „One-size-fits-all“-Diät, also eine Diät für alle, mit der jeder gleichermaßen erfolgreich ist. Aktuelle Diätstudien zeigen, dass immer nur eine gewisse Anzahl Übergewichtiger mit einer bestimmten Diät plus Bewegung und Verhaltensänderungen erfolgreich ist.
Verbote sind kontraproduktiv, zu viel Auswahl aber auch
Diätkonzepte mit Verhaltensspielräumen, die keine absoluten Verbote aussprechen: „Nie mehr Schokolade“ oder bestimmte Lebensmittel zur Pflicht machen – Stichwort Kohldiät – sind aber langfristig grundsätzlich erfolgreicher. Sie verhindern Essanfälle, die beim Überschreiten von Verboten oder absoluten Geboten typischerweise über die Denkschablone „Ich habe es schon wieder nicht geschafft, jetzt ist es auch egal!“ ausgelöst werden.
Im Handel gibt es über 200.000 verschiedene Lebensmittel, diese Vielfalt trägt zur Lebensqualität bei. Doch: eine große Vielzahl an Lebensmitteln begünstigt auch eine erhöhte Kalorienaufnahme. Studien haben gezeigt, dass die Kalorienaufnahme steigt, wenn es viele Auswahlmöglichkeiten und viel Abwechslung gibt. Auch XXL-Portionen energiedichter Lebensmittel führen dazu, dass mehr Kalorien aufgenommen werden. „Da wirkt der sogenannte ‚Schnäppchen-Effekt’. Solche Angebote werden bevorzugt, weil der Verbraucher besonders viel Menge für sein Geld bekommt“, sagt Ellrott. Für das Gewicht ist das ungünstig, weil die größere Kalorienmenge meist nicht ausgeglichen wird. Statt bei den nächsten Mahlzeiten einfach weniger zu essen, nehmen wir meist die normale Portion zu uns.
Manchmal hilft alles nichts
„Nicht alle Ursachen für ein Scheitern von Diäten lassen sich vermeiden. So kann weder eine genetische Veranlagung noch eine bereits über Jahrzehnte erfolgte Manifestierung ungünstiger Gewohnheiten nachträglich geändert werden“, sagt Ellrott. Aber man könne die Wahrscheinlichkeit eines nachhaltigen Erfolgs auch bei diesen Fällen zumindest steigern, wenn man seinen Lebensstil entsprechend verändere. Der Forscher empfiehlt neben viel Bewegung und einem Training von gesunden Verhaltensweisen eine intensive Kommunikation mit Familie, Freunden, Mitbetroffenen und auch dem behandelnden Arzt. Wichtig seien zudem realistische Ziele sowie flexible Kontrollvorgaben.
21.03.2013 – NPO