Es glänzt schön und ist das einzige Metall, das bei Normaltemperatur flüssig ist: Kein Wunder, dass Quecksilber die Menschen bereits seit der Antike fasziniert. Hydrargyros – das flüssige Silber – wie es die alten Griechen nannten, galt im Altertum als äußerst wertvoller Stoff.
Kaiser, Könige und Kalifen umgaben sich mit dem Metall. Sie besaßen als Attraktion in ihren Gärten nicht selten Quecksilber-Springbrunnen und -Teiche, in die Gäste ihre Finger tauchen konnten. Das Mineral, aus dem das Quecksilber bereits seit 300 vor Christus gewonnen wurde, liebten auch Maler: Zinnober. Sie nutzten das Pigment, um ihre Bilder in roten Tönen erstrahlen zu lassen.
Der Grundstoff aller Metalle
Ein weiterer Grund für die Beliebtheit des Quecksilbers: Es war seit jeher mit dem edelsten aller Metalle verbunden – Gold. Mit seiner Hilfe lässt sich das begehrte Material aus Erzen herauslösen, denn Gold und Quecksilber bilden ein Amalgam, das sich absetzt und gut isoliert werden kann. Durch anschließendes Erhitzen verdampft das Quecksilber und kompaktes Rohgold bleibt zurück – das wusste schon Plinius der Ältere.
Die Alchemisten glaubten zudem, Quecksilber sei ein elementarer Bestandteil aller Metalle. Ihrer Ansicht nach waren sämtliche metallische Substanzen aus den Grundstoffen Schwefel, Salz und Quecksilber zusammengesetzt. In einem speziellen Reifungsprozess konnten demnach aus unedlen edle Metalle entstehen. Das hätte das mühsame Schürfen nach Gold unnötig gemacht.
Ein König vergiftet sich
Von dieser Idee war auch der englische König Charles II. fasziniert: Er versuchte sich in seinem heimischen Labor an einer solchen Veredelung – und vergiftete sich dabei. Denn Quecksilber ist toxisch für den menschlichen Körper. Die großen Mengen an giftigen Dämpfen, die Charles bei der Destillation des flüssigen Silbers einatmete, wurden ihm schließlich zum tödlichen Verhängnis.
Was Mediziner heute anhand der überlieferten Symptome sicher einer Quecksilbervergiftung zuordnen können, schien damals rätselhaft. Die dunkle Seite des Quecksilbers war lange Zeit unbekannt. Im Gegenteil: In Europa, aber auch in arabischen Ländern und Indien wurde das Schwermetall Jahrhundertelang für medizinische Zwecke verwendet.
Graue Heilsalben
Schon Aristoteles hielt Quecksilbersalben für ein heilsames Mittel gegen Hautkrankheiten. Im Mittelalter behandelte man auch Läuse, Krebs und Lepra mit den grauen Salben. Als dann ab dem Ende des 15. Jahrhunderts die Syphilis in Europa umging, wurden Quecksilberpräparate ebenfalls zur Therapie dieses Leidens eingesetzt.
Nach und nach zeigte sich jedoch, dass derartige Kuren den Patienten nicht immer gut bekamen. Durch seine antimikrobielle Wirkung konnte das Quecksilber zwar für eine gewisse Zeit bestimmte Symptome verdrängen – früher oder später verursachte es jedoch Vergiftungserscheinungen.
Tödliche Medizin?
Aus diesem Grund entstand ein erbitterter Medizinerstreit. Während die „Mercuralisten“ weiter an dem bewährten Heilmittel festhielten, verfluchten die „Antimercurialisten“ das flüssige Metall. Es sollte aber noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts dauern, bis Quecksilber nicht mehr die erste Wahl bei Syphilis war. Damals wurde der Wirkstoff durch Arsenpräparate ersetzt, wenig später dann durch eine wirklich schlagkräftige Waffe: das Antibiotikum Penicillin.
Daniela Albat
Stand: 24.08.2018