Gibt es noch Hoffnung? In Kattowitz hat die 24. Weltklimakonferenz begonnen. Sie soll das Regelwerk zum Pariser Klimaabkommen verabschieden und die Umsetzung der Klimaschutzziele weiter anschieben. Gleichzeitig jedoch zeigen aktuelle Daten und Berichte: Kaum ein Staat wird die eigenen Klimaziele erreichen und die Treibhausgaswerte haben neue Rekordwerte erreicht, statt abzunehmen. Ob die internationale Klimapolitik das Ruder noch herumreißen kann, bleibt offen.
Es galt als die große Wende im internationalen Klimaschutz: Im Dezember 2015 einigten sich Regierungsvertreter beim Klimagipfel von Paris darauf, die globale Erwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen. Den Weg dahin sollten nationale Verpflichtungserklärungen (NDC) ebnen, in denen die Mitgliedsstaaten ihre jeweiligen Klimaziele bis 2020 und 2030 definierten.
Doch konkret umgesetzt wurde bisher wenig. Was in Paris mit Aufbruchsstimmung und Hoffnung begonnen hat, droht an der Realpolitik und nationalen Wirtschaftsinteressen zu scheitern. In den USA kündigte Präsident Donald Trump das Pariser Abkommen wieder auf, andere Länder, darunter auch Deutschland, mussten offen eingestehen, dass sie ihre eigenen Klimaziele verfehlen werden.
Lücke zwischen Soll und Ist
Der aktuelle „Emissions Gap“- Bericht der UN-Umweltorganisation UNEP untermauert dies. Demnach liegen von den G20-Staaten nur wenige auf einem Klimaschutzkurs, mit dem sie ihre nationalen Selbstverpflichtungen für 2030 erfüllen werden. „Gut die Hälfte der G20-Staaten fallen hinter ihren NDCs zurück“, heißt es im Bericht. Zu diesen gehören die USA, die EU, Kanada, Australien, Argentinien, Südkorea und Südafrika. Die Türkei, Russland und Indien werden ihre eigenen Ziele sogar um mehr als zehn Prozent verfehlen, so die UNEP.
Doch selbst wenn dies das Fall wäre, würde dies nicht ausreichen: „Unsere Daten zur Emissionslücke zeigen, dass die ursprünglich in den NDC niedergelegten Bemühungen verdreifacht werden müssen, um das Zwei-Grad-Szenario zu schaffen und verfünffacht für die Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad“, so die UNEP. „Die Staaten sollten schnell handeln, um ihre aktuellen Verpflichtungen zu erfüllen. Bis 2020 benötigen wir dann neue ehrgeizigere NDCs, um das gemeinsam vereinbarte Ziel zu erreichen.“
Wärmerekorde in Serie
Gleichzeitig aber dokumentieren aktuelle Klimadaten, dass die Erwärmung auf unser Zögern und Nichthandeln keine Rücksicht nimmt: Der Klimawandel schreitet ungebremst weiter voran. Vor wenigen Tagen bescheinigten aktuelle Daten der World Meteorological Organisation (WMO) der Welt neue Rekorde bei den Treibhausgaswerten: Mit 405,5 ppm liegen die CO2-Werte der Atmosphäre so hoch wie seit Millionen Jahren nicht mehr.
Ein weiterer Statusbericht der WMO dokumentiert, dass auch das Jahr 2018 wieder zu den wärmsten der Geschichte gehören wird: Es ist das viertwärmste Jahr seit Beginn der Klimaaufzeichnungen. Damit haben nun 20 der letzten 22 Jahre neue Wärmerekorde gebrochen, die letzten vier Jahre waren die wärmsten in Folge. Die globalen Mitteltemperaturen lagen im Jahr 2018 nahezu konstant um ein Grad über den präindustriellen Werten.
Zum angestrebten Ziel, die Erwärmung auf unter zwei Grad oder noch besser auf 1,5 Grad zu begrenzen, bleibt damit nicht mehr viel Spielraum. „Wir sind nicht auf Kurs, um die Klimaschutzziele zu erreichen und die Erwärmung aufzuhalten“, konstatiert WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. „Wenn der aktuelle Trend anhält, werden wir bis zum Ende des Jahrhunderts Temperaturzunahmen von drei bis fünf Grad sehen.“
COP24: Was muss erreicht werden?
All dies bildet nun den Hintergrund für die aktuellen Verhandlung auf dem heute beginnenden Weltklimagipfel in Kattowitz. Noch bis zum 14. Dezember werden Vertreter der 197 Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention (UNFCC) darüber beraten, wie dem Klimawandel doch noch Einhalt geboten werden kann. Hauptziel der Konferenz ist es, das Regelbuch zum Pariser Klimaabkommen zu verabschieden.
„Wie bei jedem Vertrag ist das Kleingedruckte von entscheidender Bedeutung. Hier entscheidet sich, ob das Abkommen hält, was wir uns seit Paris davon versprechen oder ob es zu einem zahnlosen Papiertiger wird“, kommentiert Wolfgang Obergassel vom Wuppertal Institut. In dem Regelbuch ist unter anderem festgelegt, wie die regelmäßigen Fortschrittsberichte der Staaten aussehen und wer wem wieviel „in die Karten“ schauen darf. Ein Entwurf für dieses Regelbuch war bereits auf der Vorkonferenz in Bonn ausgearbeitet worden.
Im Rahmen des sogenannten Talanoa-Dialogs werden die Delegierten auch darüber verhandeln und diskutieren, in welchem Maße die Staaten bereit sind, ihre nationalen Selbstverpflichtungen aufzustocken. Die Signale im Vorfeld sind allerdings wenig ermutigend. Beim G20-Gipfel, wenige Tage vor der aktuellen Klimakonferenz, zeichnete sich kein Bekenntnis zu ambitionierterem Klimaschutz ab. Die G20-Teilnehmerländer repräsentieren jedoch 87 Prozent der Treibhausgas-Emissionen.
Quelle: WMO, UNEP, UNFCC