Resistente Mitbewohner: In unserem Darm leben inzwischen überraschend viele gegen Antibiotika resistente Bakterien. Forscher haben über 6.000 Gene identifiziert, die diese Mikroben immun gegen gängige Wirkstoffklassen machen. Zwar sind die meisten Keime mit solchen Resistenzgenen harmlos. Über kurz oder lang könnten sie ihre Resistenzen aber auch an potenziell krankmachende Untermieter in unserem Darm übertragen, wie das Team im Fachmagazin „Nature Microbiology“ warnt.
Das Problem der Antibiotika-Resistenzen greift weltweit immer weiter um sich. Viele Bakterien, darunter der berüchtigte Krankenhauskeim MRSA, sind inzwischen gegen gleich mehrere Wirkstoffklassen immun. Das hat fatale Folgen: Allein in Europa starben im Jahr 2015 rund 33.000 Menschen an den direkten Folgen einer Infektion mit resistenten Keimen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass die Zahl der resistenzbedingten Todesfälle weltweit bei etwa 700.000 pro Jahr liegt.
Bekannt ist, dass Bakterien ihre gefährlichen Resistenzen an ihre eigenen Nachkommen weitergeben. Darüber hinaus können die entsprechenden Gene aber auch an andere Stämme und Arten transferiert werden. Solche Resistenzgene wurden unter anderem bereits in Böden, im Küstenschlamm von Meeren und in der Stadtluft nachgewiesen.
Darmflora im Blick
Auch in unserer Darmflora tummelt sich inzwischen eine Vielzahl resistenter Keime. „Die meisten Darmbakterien sind für ihre menschlichen Wirte harmlos. Doch es leben auch Bakterien dort, die beispielsweise bei Krankenhauspatienten Infektionen auslösen können“, sagt Willem van Schaik von der University of Birmingham.
Welche genetischen Anpassungen verantwortlich für die Resistenzen bei den Darmkeimen sind, war bislang allerdings unklar. Um dies zu ändern, haben der Forscher und seine Kollegen die Mikroben in unserem Darm nun genauer unter die Lupe genommen. Dabei verglichen sie die dreidimensionale Struktur bestimmter Proteine, die diese Bakterien produzieren, mit bekannten Resistenzenzymen.
Tausende neue Gene
Die Analysen förderten eine überraschend große Anzahl bisher unbekannter Resistenzgene zutage: Insgesamt identifizierte das Team mehr als 6.000 solcher Gene, die sich teils stark von bisher bekannten Resistenzgenen in krankmachenden Keimen unterscheiden. „Wir haben tausende neue Resistenzgene in der menschlichen Darmflora gefunden. Dies zeigt die immense Vielfalt der in der Umwelt vorhandenen Antibiotika-Resistenzgene“, konstatiert van Schaik.
Die gute Nachricht: Die meisten der nun identifizierten Gene kommen in harmlosen Darmbakterien vor – ihre Resistenzen stellen somit wahrscheinlich keine direkte Bedrohung für unsere Gesundheit dar. Allerdings: „Der weitere Gebrauch von Antibiotika könnte dazu führen, dass diese Gene in Zukunft auch auf pathogene Bakterien übertragen werden und die Durchschlagskraft dieser Mittel damit noch weiter abnimmt“, schließt der Wissenschaftler. (Nature Microbiology, 2018; doi: 10.1038/s41564-018-0292-6)
Quelle: University of Birmingham