Von der Natur abgeschaut: Forscher haben ein von Perlmutt inspiriertes Material hergestellt. Ihre Imitation besitzt eine ähnliche Mikrostruktur wie das von Muschelschalen bekannte Vorbild und ist dank spezieller mineralischer Verbindungsbrücken extrem stabil. Das eigentlich Besondere aber: Die physikalischen Eigenschaften des künstlichen Perlmutts lassen sich beim Herstellungsprozess gezielt einstellen. Dadurch sind Materialien mit für bestimmte Anwendungen maßgeschneiderten Eigenschaften möglich.
Die Schalen mancher Muscheln und Schnecken fallen durch ihr schillerndes Perlmutt auf. Diese Schalenstruktur besteht aus winzigen, aufeinander gestapelten Kalkplättchen, die durch organische Substanzen zusammengehalten werden. Das ist nicht nur schön anzusehen: Forscher fasziniert Perlmutt seit jeher, weil es zu den härtesten, stabilsten und steifsten Naturmaterialien der Welt gehört.
In den vergangenen Jahren gab es bereits einige Versuche, das robuste Material im Labor nachzuahmen. Einen weiteren haben nun André Studart von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) und seine Kollegen unternommen. Für ihr künstliches Perlmutt nutzten sie statt Kalkplättchen Aluminiumoxid-Plättchen und als Fugenkitt ein Epoxidharz.
Noch stabiler und härter
Konkret richteten die Wissenschaftler die wenige Mikrometer großen Plättchen mithilfe eines rotierenden Magnetfels in einer wässrigen Lösung in eine Richtung aus. Anschließend verfestigten sie das Material unter hohem Druck und Temperaturen um 1.000 Grad Celsius unter Beigabe des Harzes. Das Ergebnis war ein Verbundstoff, mit einer dem natürlichen Perlmutt sehr ähnlichen Mikrostruktur.
Doch wie könnte diese künstliche Imitation noch stabiler und härter gemacht werden? Dies gelang den Forschern in einem zweiten Schritt, indem sie Aluminiumoxid-Plättchen verwendeten, die speziell beschichtet waren – mit Titanoxid. Denn sie hatten festgestellt: Ab rund 800 Grad bilden sich auf der Oberfläche der beschichteten Plättchen Tröpfchen aus Titanoxid, die zu einer Art mineralischer Verbindungsbrücken heranreifen. „Diese Brücken beeinflussen die Festigkeit des Materials maßgeblich“, sagt Studarts Kollege Kunal Masania.
Maßgeschneiderte Eigenschaft
Dank der Titanbrücken stellten die Wissenschaftler sogar einen neuen Weltrekord auf: Kein anderes Material aus dieser Klasse der bioinspirierten Materialien erreicht so gute Werte in der Kombination von Steifigkeit, Härte und Risswiderstand wie ihr Perlmutt. Das eigentlich Besondere aber: Die Dichte der Titanbrücken lässt sich abhängig von den Druck- und Temperaturverhältnissen gezielt justieren.
Auf diese Weise ist es möglich, künstliches Perlmutt mit einer ganz bestimmten Steifigkeit, Stärke und Bruchzähigkeit herzustellen – kurzum Perlmutt nach Maß. Solche speziell auf die jeweilige Anwendung zugeschnittenen Materialien könnten künftig zum Beispiel beim Häuser- und Flugzeugbau oder in der Raumfahrt genutzt werden, wie das Team berichtet. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2018; doi: 10.1073/pnas.1805094115)
Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich