Physik

Physik-Highlights des Jahres 2018

Neutrino-Rätsel, neue Maßeinheiten und magisches Graphen

Physik-Highlights
Was waren die Highlights der Physik im Jahr 2018? © HG: sakkmesterke/ iStock.com

Entdeckungen, Meilensteine und rätselhafte Widersprüche: Die spannendsten Entwicklungen des Jahres 2018 hat nun die American Physical Society gekürt. Unter ihnen sind entscheidende Messungen beim Higgs-Boson, eine „magische“ Eigenschaft des Graphens, aber auch Meilensteine wie der Abschied vom Ur-Kilogramm oder die schnellste je bei einem Objekt gemessenen Rotation.

Ohne Zweifel der historische Meilenstein dieses Jahres ist die Umstellung des internationalen Einheitensystems. Die Generalkonferenz für Maß und Gewicht hat am 16. November 2018 gleich vier SI-Einheiten neu definiert. Unter ihnen ist auch das Kilogramm, das nun nicht mehr einen Metallzylinder in Paris als Referenz hat. Stattdessen werden am Mai 2019 nun alle SI-Einheiten auf Naturkonstanten zurückgeführt – erstmals in der Geschichte des Messens.

Wundersame Verwandlung: Ein "magischer" Winkel zwischen zwei Graphen-Netzen macht das Wundermaterial zu einem an- und abschaltbaren Supraleiter. © Rost-9D/ iStock.com

„Magisches“ Graphen und Higgs-Zerfälle

Eine überraschende Entdeckung haben Physiker im März 2018 beim „Wundermaterial“ Graphen gemacht: Wenn man zwei dieser Kohlenstoffnetze leicht gedreht aufeinanderlegt, wird das normalerweise leitfähige Material zum Isolator. Legt man dann eine Spannung an, wird das Graphen dagegen supraleitend – sein elektrischer Widerstand verschwindet komplett. Das Wissen um den „magischen“ Winkel eröffnet nun ganz neue Anwendungsmöglichkeiten des Wundermaterials.

Am Forschungszentrum CERN gab es in diesem Jahr wichtige Bestätigungen für unser Standardmodell der Physik. Wie es die gängige Theorie vorhersagt, kann das Higgs-Boson demnach in zwei Bottom-Quarks zerfallen. Fast noch entscheidender aber ist der Nachweis, dass sich das Higgs-Boson tatsächlich bevorzugt an besonders schwere Teilchen wie das Top-Quark koppelt. Das bestätigt die Vorhersagen des Higgs-Mechanismus, durch den Teilchen ihre Masse erhalten.

Rätsel um Neutrinos und Dunkle Materie

Doch es gab in diesem Jahr auch einige Messungen und Beobachtungen, die weniger Antworten lieferten als vielmehr neue Fragen aufwarfen. Zu diesen gehören die Anfang Dezember veröffentlichten Ergebnisse des MiniBOONE-Detektors in den USA. Er hat einen signifikanten Überschuss von Elektron-Neutrinos nachgewiesen, der nicht mit dem Standardmodell und den nur drei bekannten Neutrinosorten vereinbar ist. Möglicherweise könnte dies doch für die Existenz einer vierten, „sterilen“ Neutrinosorte sprechen.

Schon 180 Millionen Jahre nach dem Urknall leuchteten die ersten Sterne im Kosmos - das verrät eine Radiosignatur im kosmischen Hintergrund. © N.R.Fuller/ National Science Foundation

Ebenfalls noch rätselhaft ist die Natur der Dunklen Materie und auch das Feld der Kandidaten für diese Teilchen engt sich ein. Denn im März 2018 haben Astronomen erstmals die Signale primordialer Wasserstoffwolken eingefangen – und dabei einen überraschenden Kühleffekt entdeckt. Dieser könnte durch Wechselwirkungen mit der Dunklen Materie erklärt werden – aber nur, wenn deren Teilchen eher leicht und geladen sind. Die lange als Favorit gehandelten WIMPs (Weakly Interacting Massive Particles) passen nicht zu diesem Profil.

Quantenkryptografie über Satellit

2018 brachte auch wichtige Fortschritte in der Quantenkommunikation: Schon Ende 2017 gelang der erste Praxistest eines orbital-planetaren Quantennetzwerk: Forscher übermittelten quantenkryptografische Schlüssel per Satellit von China nach Österreich und verschlüsselten so eine interkontinentale Videokonferenz. Im Januar 2018 schickten die Physiker bei einer weiteren Videokonferenz erstmals auch Bilder über diesen Quantensatelliten.

Durchaus praktische Bedeutung hat auch ein neuer Rotationsrekord: Gleich zwei Forscherteams haben Nanoobjekte in eine Drehung versetzt, bei der 60 Milliarden Umdrehungen pro Minute erreicht wurden – mehr als je zuvor nachgewiesen. Möglich wurde dies, weil, die Nanoobjekte mittels Laser in der Schwebe gehalten und dann durch polarisiertes Licht in Rotation versetzt wurden. Praktisch nutzbar sind solche Versuche unter anderem, um die Festigkeit von Materialien zu testen, wie die Wissenschaftler erklären.

Eher skurril sind zwei weitere Physik-Highlights dieses Jahres. Im ersten haben Forscher erstmals die Physik hinter gestrickten Geweben erkundet. Sie entwickelten eine Gleichung, die genau beschreibt, warum und wie viel das Gewebe beim Dehnen nachgibt. Die zweite Errungenschaft ist das erste Video, das das Wachstum eines Kristalls im Nanomaßstab zeigt.

Quelle: American Physical Society (APS)

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