Spektakulärer Fund: Am Ostufer des Toten Meeres haben Forscher einen wahren Schatz an mehr als 250 Millionen Jahre alten Pflanzenfossilien entdeckt. Unter den Relikten sind die ältesten Fossilien von gleich drei Stammeslinien der Samenpflanzen: der Nadelbäume, der Samenfarne und der Bennettitales, heute ausgestorbener Vorfahren der Blütenpflanzen. Die Funde belegen, dass diese Pflanzengruppen deutlich älter sind als bisher gedacht, so die Forscher im Fachmagazin „Science“.
Nachdem Millionen Jahre lang das irdische Leben nur in den Ozeanen stattfand, begann vor rund 515 Millionen Jahren die entscheidende Wende: Die ersten Pflanzen besiedelten das Land – und ebneten so auch der Tierwelt den Weg auf die Kontinente der Urerde. Nach und nach entwickelten sich dann die verschiedenen Großgruppen des Pflanzenreichs – erst Moose und Farne, dann auch die ersten Nadelbaumartigen und zuletzt, vor rund 240 Millionen Jahren, auch die Blütenpflanzen.
Doch wo und wann die unterschiedlichen Pflanzengruppen entstanden, ist bis heute nur in Teilen geklärt – es mangelt an Fossilien aus der Frühzeit ihrer Evolution.
Fossilienschatz am Toten Meer
Jetzt jedoch haben Paläontologen um Patrick Blomenkemper von der Universität Münster gleich eine Wiege der Pflanzenevolution entdeckt. In der sogenannten Umm Irna-Formation am Ostufer des Toten Meeres stießen sie auf unzählige, gut erhaltene Pflanzenfossilien aus der Zeit des späten Perm. „Wir wollten kaum unseren Augen trauen“, schildert Blomenkempers Kollege Benjamin Bonfleur die Reaktion der Forscher.
Die Fossilien zeigten nicht nur fast perfekt konservierte Blätter und Stiele der Urzeit-Pflanzen, auch Fortpflanzungsorgane und sogar die Kutikula samt Spaltöffnungen hatten in dem feinen Sedimentgestein gut 252 Millionen Jahre überdauert. Dieser Detailreichtum ermöglichte es den Paläontologen, die Artzugehörigkeit dieser Pflanzen näher bestimmen.
Früheste Vertreter gleich dreier Pflanzengruppen
Das Überraschende dabei: Unter den Fossilien waren Vertreter von gleich drei Pflanzengruppen, die man zu einer so frühen Zeit der Erdgeschichte nicht vermutet hätte. So fanden die Forscher unter anderem Relikte von Steineibengewächsen (Podocarpaceae), einer immergrünen Pflanzenfamilie, zu der noch heute viele Nadelbaumarten der Tropen gehören. „Das ist der älteste fossile Nachweis eines Nadelbaums überhaupt“, konstatieren die Forscher.
Ebenfalls bemerkenswert waren gleich mehrere fossile Arten von Samenfarnen, einer ausgestorbenen Gruppe der Samenpflanzen. Auch für sie hatte man bisher eine Entstehung frühestens nach dem Massenaussterben zum Beginn der Trias angenommen. Doch die Fossilfunde dieser baumähnlichen Gewächse mit farnartigen Blättern belegen nun eine deutlich frühere Entwicklung.
Das Gleiche gilt für die dritte in den Fossilien vertretene Pflanzengruppe, die sogenannten Benettitales, wie die Forscher erklären. Diese Palmfarn-ähnliche Pflanzengruppe besaß bereits Fortpflanzungsorgane, die denen der späteren Blütenpflanzen stark ähnelten, weshalb sie von einigen Paläobotanikern als mögliche Vorfahren der Blütenpflanzen betrachtet werden.
Tropen als „Wiegen der Evolution“
„Diese Funde eröffnen uns einen ganz neuen Einblick in die evolutionären Ursprünge der modernen Pflanzengruppen“, sagen Blomenkemper und seine Kollegen. Gleichzeitig bestätigen diese Fossilfunde, dass die Tropen in der Erdgeschichte eine wichtige „Wiege der Pflanzenwelt“ waren. „Es gib schon länger die Hypothese, dass die äquatorialen Ökosysteme als ‚evolutionäre Wiegen‘ fungierten“, erklären die Forscher.
Vor rund 250 Millionen Jahren lag die Fundregion noch an der flachen Küste eines äquatornahen Meeres. Erst durch die Kontinentaldrift gelangte dieses Gebiet dann weiter nach Norden. Vom Artenreichtum der urzeitlichen Flora der urzeitlichen Tropen zeugen nun die Funde am Toten Meer: „Das jordanische Untersuchungsgebiet ist ganz besonders, wie ein Schmelztiegel verschiedener Florenprovinzen“, sagt Bonfleur. In der Formation sind Pflanzenfossilien gemeinsam zu sehen, die bisher verschiedenen geografischen Regionen zugeordnet wurden. (Science, 2018; doi: 10.1126/science.aau4061)
Quelle: Universität Münster