Wenn der Schiedsrichter auf dem Fußballplatz einen Schritt macht, sieht der Rasen für ihn an dieser Stelle nicht viel anders aus als in seiner Ausgangsposition. Für Mikroorganismen jedoch können die Umweltbedingungen unter seinen Füßen völlig unterschiedliche Milieus bedeuten. Denn gemessen in Körperlängen haben zwei Mikroorganismen, die eine Schrittlänge des Schiedsrichters voneinander entfernt sind, denselben Abstand wie ein Mensch in Frankfurt von einem Menschen in Florenz.
Auf dieser Skala merken auch Menschen, dass sich Umweltbedingungen wie das Wetter ändern. Ähnlich ist es mit den Bedingungen, denen Mikroorganismen ausgesetzt sind – nur dass sie in viel kleinerem Maßstab schwanken. So kann die Sauerstoffkonzentration im Boden bereits im Millimeterabstand stark variieren. Aber auch der Nährstoffgehalt und andere Faktoren verändern sich schon innerhalb kurzer Distanzen.
Ständiger Wechsel
Umweltbedingungen können sich jedoch nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich ändern – und das sehr schnell und stark wechselnd. Etwa, wenn es anfängt zu regnen, sich eine Wolke vor die Sonne schiebt, eine Frucht von einem Strauch auf den Boden fällt, oder es Abend wird. Schon wenige Regentropfen können beispielsweise die Umwelt eines Bodenbakteriums vollkommen verändern. Umgekehrt erleben Mikroorganismen in einer Pfütze bei deren Austrocknen einen drastischen Wechsel der Bedingungen.
Mikroorganismen sind heute und waren schon immer stetigen Änderungen der Umweltbedingungen ausgesetzt, wie einem plötzlichen Wechsel des Nährstoffangebots, langen Zeiten der Dürre oder dem Auftauchen von Feinden. Bakterien haben daher im Verlauf der Evolution zahlreiche Strategien entwickelt, mit dieser Unsicherheit umzugehen.
Jörg Soppa, Universität Frankfurt/ Forschung Frankfurt