Die Hauptbestandteile aller Lebewesen sind relativ wenige Elemente: Ein Mensch beispielsweise besteht zu rund 50 Prozent aus Kohlenstoff, zu 20 Prozent aus Sauerstoff, zu zehn Prozent aus Wasserstoff, zu neun Prozent aus Stickstoff und zu drei Prozent aus Phosphor (bezogen auf das Trockengewicht, nach Abzug von Wasser).
Molekulare Speicher
Wenn eines dieser Elemente in der Umwelt in keiner verwertbaren Form vorkommt, helfen auch ein vielfältiger Stoffwechsel und schnelle Regulation nicht. Weil jedoch ihre Umweltbedingungen häufig wechseln, erleben Mikroorganismen ständige Zyklen von „feast and famine“ – Feiern und Hungern. Eine Strategie, die viele Bakterien entwickelt haben, um Perioden des Mangels zu überbrücken, ist die Speicherung von Stoffen, die ihrer „evolutionären Erfahrung“ nach in ihrer Umwelt häufig zwischenzeitlich mal Mangelware sind.
Es gibt Speicherstoffe wie Glykogen, mit denen vor allem Kohlenstoff, aber auch Sauerstoff und Wasserstoff gespeichert werden. Auch wir Menschen produzieren diesen Mehrfachzucker – unter anderem in den Muskeln und der Leber. Benötigen wir dann vermehrt Kohlenhydrate, wird das Glykogen in Glucose umgewandelt. Mikroorganismen produzieren aber auch gemischte Speicherstoffe, in die alle wichtigen Elemente eingebaut wurden, wie das Cyanophycin der Cyanobakterien. Dieses Biopolymer besteht aus den Aminosäuren Asparaginsäure und Arginin und ist vor allem reich an Stickstoff und Kohlenstoff.
DNA als Phosphatvorrat
Mikroorganismen können sogar das Erbmolekül DNA als Vorratsspeicher nutzen – für Phosphat. Diese Verbindung aus Phosphor und Sauerstoff ist für alle Lebewesen essenziell, weil sie in vielen unterschiedlichen Bestandteilen der Zelle vorkommt. Die Erbsubstanz DNA besteht sogar zu circa 28 Prozent aus Phosphat. Erst vor kurzem wurde entdeckt, dass bei einigen Bakterien DNA neben seiner Rolle als Erbsubstanz auch eine Rolle als Phosphatspeicher spielen kann.
Wenn in guten Zeiten viel DNA akkumuliert wurde, können die Bakterienzellen auch in Abwesenheit von Phosphat in der Umwelt weiterwachsen. Arten ohne die Fähigkeit zur Akkumulation von DNA, sogenannte monoploide Arten, können dagegen bei Phosphatmangel nicht wachsen. Sie leben ständig in der Unsicherheit, ihr Wachstum bei Engpässen einstellen zu müssen.
Jörg Soppa/ Forschung Frankfurt