Zu viel Weißmehl und Salz, zu wenig Gemüse: Fast die Hälfte aller durch Herzinfarkt, Schlaganfall und Co verursachten Todesfälle in Europa gehen auf eine unausgewogene Ernährung zurück – und wären damit leicht vermeidbar, wie eine Studie zeigt. Demnach starben im Jahr 2016 allein in Deutschland 160.000 Menschen an den Folgen eines ernährungsbedingten kardiovaskulären Leidens. Dies zeige, dass man das Potenzial einer gesundheitsfördernden Ernährungsweise besser nutzen müsse, betonen die Forscher.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen gelten weltweit noch immer als „Killer Nummer 1“. Trotz aller Fortschritte in der medizinischen Versorgung gehen rund ein Drittel aller Todesfälle auf Herzinfarkte, Schlaganfälle und Co zurück. Ein wesentlicher Grund dafür ist der Lebensstil vieler Menschen. So gehören Bewegungsmangel, Rauchen und ein übermäßiger Alkoholkonsum zu den wichtigsten Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen – das gleiche gilt für eine unausgewogene Ernährung.
Faktor Ernährung im Blick
Genau diesem Risikofaktor haben sich Forscher um Toni Meier von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg nun näher gewidmet. Sie wollten wissen: Wie viele kardiovaskuläre Todesfälle gehen in Europa auf eine falsche Ernährungsweise zurück? Um dies herauszufinden, analysierten sie Daten der „Global Burden of Disease Study“ aus dem Zeitraum zwischen 1990 und 2016.
Konkret untersuchten Meier und seine Kollegen die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in 51 europäischen Ländern. Auf Basis des Lebensmittelkonsums sowie weiterer Einflussfaktoren kalkulierten die Wissenschaftler, wie viele kardiovaskuläre Todesfälle in den jeweiligen Staaten auf eine unausgewogene Ernährung zurückzuführen sind. Die Effekte anderer Risikofaktoren wie Rauchen und Bluthochdruck rechneten sie mithilfe ihres Modells heraus.
Vermeidbare Todesfälle
Das Ergebnis: Von insgesamt 4,3 Millionen kardiovaskulären Todesfällen im Jahr 2016 gingen 2,1 Millionen auf eine unausgewogene Ernährungsweise zurück. Während in Deutschland 160.000 und damit 46 Prozent aller mit Schlaganfall und Co assoziierten Todesfälle ernährungsbedingt waren, stehen andere Länder im Vergleich etwas besser da. So ging in Israel und Spanien nur jeder dritte kardiovaskuläre Todesfall auf die Ernährung zurück, wie Meier und sein Team berichten. Insgesamt wäre ihnen zufolge jede zweite bis dritte tödlich endende Herz-Kreislauf-Erkrankung durch eine bessere Ernährung vermeidbar gewesen.
„Dabei ist zu betonen, dass der allseits bekannte Risikofaktor Alkohol in unserer Studie nicht berücksichtigt wurde“, sagt Meiers Kollegin Gabriele Stangl. „In Ländern mit einem hohen Alkoholkonsum könnte somit das Ausmaß ernährungsbedingter kardiovaskulärer Erkrankungen noch größer sein.“
Zu wenig Vollkorn und zu viel Salz
Neben Unterschieden zwischen einzelnen Ländern offenbarten die Daten auch große Differenzen in Bezug auf Alter und Geschlecht. So sind Männer offenbar häufiger bereits in jüngeren Jahren von Herzinfarkten und ähnlichen Leiden betroffen als Frauen: Von den 601.000 Menschen unter 70 Jahren, die 2016 an den Folgen einer ernährungsbedingten Herz-Kreislauf-Erkrankung starben, waren der Auswertung zufolge 420.000 männlich.
Als einen der Hauptgründe für die ernährungsbedingten Todesfälle nennen die Wissenschaftler einen zu geringen Verzehr von Vollkornprodukten. Demnach hat ein vermehrter Konsum von ballaststoffarmen Weißmehlprodukten in den letzten Jahren zu einer Zunahme von Herz-Kreislauf-Erkrankungen geführt. Daneben spielen auch der geringe Verzehr von Nüssen, Samen und Gemüse sowie ein zu hoher Salzkonsum eine Rolle für das Problem.
„Potenzial besser nutzen“
„Unsere Ergebnisse sind von entscheidender gesundheitspolitischer Relevanz und sollten unbedingt bei der Entwicklung zukünftiger Präventionsstrategien berücksichtigt werden. Wir müssen das Potenzial einer ausgewogenen und gesundheitsfördernden Ernährung besser nutzen, sonst werden kardiometabolische Erkrankungen künftig noch mehr vermeidbare Todesfälle verursachen“, schließt Koautor Stefan Lorkowski von der Universität Jena. (European Journal of Epidemiology, 2019; doi: 10.1007/s10654-018-0473-x)
Quelle: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg