Biologie

Wilder Kaffee in Gefahr

60 Prozent der wilden Kaffeearten sind vom Aussterben bedroht

Kaffeefrüchte
Der Arabica-Kaffee ist zwar die wichtigste Quelle für unseren Kaffee, aber erst die wilden Kaffeearten helfen dabei, seinen Fortbestand zu sichern. © Aaron Davis/ RBG Kew

Bedrohte Ressource: Viele wilden Verwandten des Arabica- und Robusta-Kaffees sind akut gefährdet und könnten bald für immer verschwunden sein. Denn von den 124 Coffea-Arten sind 60 Prozent vom Aussterben bedroht, wie nun eine Studie enthüllt. Das könnte auch die Zukunft des kommerziellen Kaffeeanbaus gefährden, weil die wilden Arten eine wichtige genetische Ressource für die Entwicklung neuer, robusterer Kaffeesorten sind.

Kaffee ist eines der beliebtesten Getränke weltweit. Kein Wunder: Der koffeinhaltige Sud ist ein effektiver Muntermacher und hat überdies eine gesundheitsfördernde Wirkung. Doch der Rohstoff für den Kaffeegenuss ist sensibel: Kaffeepflanzen benötigen ein gleichmäßig warmes Klima, reichlich Regen und geschützte halbschattige Standorte. Genau das aber könnte in Zukunft zum Problem werden: Durch den Klimawandel werden viele Anbaugebiete des Kaffees künftig zu heiß und zu trocken, beispielsweise in Äthiopien und Mittelamerika.

124 Arten von Kaffee

Ein weiteres Kaffee-Problem haben nun Aaron Davis von den Royal Botanic Gardens in Kew und sein Team aufgedeckt. Denn nicht nur die kommerziell angebauten Kaffeepflanzen sind bedroht, sondern auch die wilden Verwandten der gängigen Kaffeearten Coffea arabica und Coffea canephora (Robusta). „Die meisten Kaffeetrinker sind sich nicht bewusst, dass es mehr als zwei oder drei Kaffeearten gibt“, sagen die Forscher. „Doch die Wissenschaft kennt insgesamt 124 Coffea-Spezies.“

Zwar sind die wilden Kaffee-Verwandten meist nur bedingt für den großflächigen Anbau geeignet. Sie besitzen aber viele nützliche Merkmale, die die Arabica- und Robusta-Kaffeepflanzen widerstandsfähiger gegen den Klimawandel, aber auch Kaffeekrankheiten und Schädlinge machen könnten. „Wilde Kaffeearten sind daher entscheidend für die Weiterentwicklung des Kaffees und für Erhaltung der globalen Kaffeeproduktion“, betonen die Wissenschaftler.

Um herauszufinden, wie der Zustand der wilden Kaffeearten ist, haben Davis und sein Team die Verbreitungsgebiete, die Häufigkeit und die Gefährdung der 124 Cofffea-Spezies anhand von weltweiten Daten ermittelt.

60 Prozent der Kaffeearten sind bedroht

Das beunruhigende Ergebnis: 75 wilde Kaffeearten sind vom Aussterben bedroht – das entspricht 60 Prozent des gesamten Artenspektrums des Kaffees. „Verglichen mit den typischen Gefährdungsraten anderer Pflanzengruppen ist dies extrem hoch“, erklären Davis und sein Team. Eine der Ursachen dafür: Die wilden Kaffeearten kommen oft nur an wenigen Orten weltweit und in kleinen Gebieten vor. So sind die meisten gefährdeten Coffea-Spezies auf Madagaskar heimisch – hier gelten 43 Arten als bedroht, das entspricht 72 Prozent der enormen Kaffeearten-Vielfalt auf dieser Insel.

Wildkaffee
Bohnen des bedrohten Ambongo-Wildkaffees aus Madagaskar zwischen Arabica-Kaffeebohnen. © RBG Kew

Hinzu kommt: Kaffee wächst nur unter bestimmten, eng umgrenzten Klimabedingungen und benötigt meist eine Waldumgebung, um zu gedeihen. Doch viele Wälder in den Tropen schrumpfen und werden für die Landwirtschaft, für die Holzgewinnung oder den Siedlungsbau abgeholzt. „Kaffeepflanzen haben nur eine begrenzte Fähigkeit zur Regeneration und benötigen dazu optimale Bedingungen. Zudem sind sie keine Pionierpflanzen“, erklären die Forscher.

Konservierung schwierig

Das bedeutet: Ist der Lebensraum der Kaffeepflanzen einmal zerstört oder degradiert, ist es eher unwahrscheinlich, dass diese Art dies übersteht oder sogar zurückkehrt. Angesichts der großen Bedeutung des wilden Kaffees auch für den Erhalt des kommerziellen Anbaus sei die Gefährdung der wilden Spezies daher sehr besorgniserregend, so die Wissenschaftler.

Und noch ein Problem kommt hinzu: Wilder Kaffee lässt sich nur schwer in Samenbanken oder anderen Lagern konservieren. „Die Kaffeesamen halten sich unter den dort üblichen Bedingungen – geringe Feuchtigkeit und Kälte – nicht gut“, berichten Davis und sein Team. Die wilden Coffea-Spezies stattdessen auf speziellen Versuchsplantagen zu halten, ist aber auch keine Lösung, da dies teuer ist und die Gefahr einer Vermischung der Arten durch unerwünschte Querbestäubung besteht.

Internationale Hilfe nötig

„Wir müssen daher die wilden Kaffeearten vor Ort schützen und erhalten, um die genetische Vielfalt des Kaffees zu bewahren“, betonen die Forscher. Dafür seien koordinierte Schutzstrategien nötig, sowohl von den Ländern mit Kaffeevorkommen als auch international. „Gerade die afrikanischen Staaten, die sowohl Kaffee anbauen als auch die Heimat der wilden Coffea-Spezies sind, spielen für den Schutz des wilden Kaffees eine wichtige Rolle. Sie sollten bei dieser Aufgabe unterstützt werden“, so die Wissenschaftler. (Science Advances, 2019; doi: 10.1126/sciadv.aav3473)

Quelle: AAAS, Science Advances

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