Medizin/Genetik

Cortison: Rätsel um Nebenwirkung geklärt

Veränderte Genaktivitäten in der Leber führen zu "Steroid-Diabetes"

Fettleber
Die Gabe von Cortison kann über den Transkriptionsfaktor E47 unter anderem zu einer Fettleber (hier gezeigt) führen. © Helmholtz Zentrum München

Unerwünschter Effekt: Die langfristige Einnahme von Cortison-Präparaten kann zu Stoffwechselstörungen wie Diabetes führen. Wie Forscher nun herausgefunden haben, scheint ein bestimmter Transkriptionsfaktor wesentlich für diese schädliche Wirkung verantwortlich zu sein – indem er die Aktivität von Genen in der Leber verändert. Lassen sich diese Ergebnisse bestätigen, könnten sich daraus womöglich neue Ansatzpunkte für Therapien ergeben.

Glucocorticoide wie Cortison sind so vielseitig einsetzbar wie kaum eine andere Arzneimittelgruppe. Die Steroidhormone wirken entzündungshemmend und kommen deshalb zum Beispiel gegen Asthma und Rheuma zur Anwendung. Darüber hinaus werden sie aber auch bei Autoimmunerkrankungen, Krebs und sogar im Zuge von Organtransplantationen verschrieben.

„Schätzungen zufolge werden in der westlichen Welt zwischen ein und drei Prozent der Menschen damit behandelt, was in Deutschland zurzeit über einer Million Menschen entsprechen würde“, sagt Henriette Uhlenhaut vom Helmholtz Zentrum München. Doch es gibt einen Haken: Die langfristige Therapie mit Cortison und Co kann zu einer Vielzahl von Nebenwirkungen führen. Dazu gehören unter anderem unerwünschte Einflüsse auf den Stoffwechsel – allen voran der sogenannte Steroid-Diabetes, eine Form des Diabetes mellitus.

Veränderte Genaktivität

Wie es zu dieser Nebenwirkung kommt, ist bisher nur in Teilen verstanden. Klar ist: Nachdem die Glucocorticoide an ihren Rezeptor in den Körperzellen angedockt haben, beginnt dieser damit, zahlreiche Gene ein- und auszuschalten. „Dazu zählen auch verschiedene Stoffwechsel-Gene, was in der Konsequenz zum Steroid-Diabetes führen kann“, berichtet Uhlenhaut. Doch welche Mechanismen spielen sich in diesem Zusammenhang genau in der Zelle ab?

Dies haben Uhlenhaut und ihre Kollegen nun untersucht. Dabei stellten sie fest: Für die schädliche Wirkung des Cortisons scheint ein Transkriptionsfaktor namens E47 eine besondere Rolle zu spielen. Dieser sorgt im Zusammenspiel mit dem Glucocorticoid-Rezeptor speziell in Leberzellen zu veränderten Genaktivitäten. „Dies konnten wir durch genomweite Analysen und genetische Experimente herausarbeiten“, erklärt Uhlenhauts Kollegin und Erstautorin Charlotte Hemmer.

Schutz vor Überzuckerung und Co

Um den Einfluss dieses Transkriptionsfaktors genauer zu erforschen, führten die Wissenschaftler anschließend Versuche mit genetisch veränderten Mäusen durch. „Tatsächlich führte das Fehlen von E47 bei den Tieren zu einem Schutz vor den negativen Effekten der Glucocorticoide“, berichtet Hemmer. Mäuse mit intaktem E47 wurden durch die Einnahme der Steroide dagegen krank: Sie entwickelten Überzucker, erhöhte Blutfettwerte oder eine Fettleber, wie das Team berichtet.

Doch lassen sich diese Ergebnisse auf den Menschen übertragen? Dies ist den Forschern zufolge gar nicht so unwahrscheinlich – immerhin gibt es die Komponenten des nun identifizierten Mechanismus auch im menschlichen Körper. Weitere Studien müssen diesen Zusammenhang künftig jedoch erst bestätigen. Gelingt dies, könnten sich dadurch womöglich neue Ansatzpunkte ergeben, um unerwünschten Nebenwirkungen von Cortison-Präparaten entgegenzuwirken, so die Hoffnung. (Nature Communications, 2019; doi: 10.1038/s41467-018-08196-5)

Quelle: Helmholtz Zentrum München

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