Medizin

Sind Schmerzcremes wirkungslos?

Voltaren und Co helfen offenbar nicht besser als ein Placebo

Schmerzen
Cremes und Gele gegen Schmerzen sind beliebt - aber wirken sie auch? © ChesiireCat/ iStock.com

Fragwürdige Wirkung: Cremes und Gele gegen Schmerzen wirken offenbar nicht besser als ein Placebo. Das ist das Ergebnis einer Studie, die den Effekt von Schmerzcremes mit gängigen Wirkstoffen wie Lidocain und Diclofenac unter die Lupe genommen hat. Demnach fühlten sich die behandelten Patienten durch die auf die Haut aufgetragenen Substanzen zwar subjektiv besser. Das Gleiche galt aber auch für Probanden, die sich mit Mitteln ohne jeden Wirkstoff eingecremt hatten.

Ob Rückenschmerzen, geschwollenes Knie oder eine unangenehme Zerrung im Oberschenkel: Bei derartigen Wehwehchen des Alltags greifen Betroffene gerne zu Schmerzcremes und -gelen. Schließlich sind die unter Markennamen wie Voltaren oder Mobilat bekannten Mittel nicht nur unkompliziert anzuwenden. Sie scheinen auch die sanftere Alternative zu Tabletten oder der Schmerzspritze beim Arzt zu sein.

Allein die Deutschen geben jedes Jahr Millionen Euros für die auf die Haut aufgetragenen Substanzen aus – und auch beim US-amerikanischen Militär belaufen sich die Ausgaben für Schmerzcremes auf horrende Summen, wie Robert Brutcher vom Walter Reed National Military Medical Center in Bethesda und seine Kollegen berichten. Genau aus diesem Grund wurden die Forscher nun beauftragt, herauszufinden: Ist das Geld in diesen Mitteln tatsächlich gut angelegt?

Cremen für die Wissenschaft

Um die Wirksamkeit von Schmerzcremes unter die Lupe zu nehmen, rekrutierte Brutchers Team 399 Schmerzpatienten im Alter zwischen 18 und 90 Jahren. Bei den Probanden handelte es sich um aktives und berentetes Militärpersonal sowie deren Angehörige. Sie alle litten seit mehreren Jahren unter unterschiedlichen Formen von chronischen Schmerzen und hatten die Stärke ihrer Beschwerden vor Studienbeginn auf einer Skala von eins bis zehn bei mindestens vier eingeordnet.

Für die Untersuchung teilten die Wissenschaftler die Teilnehmer zufällig einer Behandlungs- und einer Placebo-Gruppe zu. Dabei wussten weder sie noch die Patienten, wer zu welcher Gruppe gehörte. Abhängig von der Art ihrer Schmerzen bekamen die Probanden in der Behandlungsgruppe eine von drei Schmerzcremes mit einer Mischung aus gängigen Wirkstoffen wie Ketamin, Lidocain, Ketoprofen und Diclofenac verschrieben, die sie dreimal täglich auftragen sollten. Die Teilnehmer aus der Placebo-Gruppe erhielten ein ähnlich aussehendes und riechendes Mittel ohne Wirkstoff.

Kein signifikanter Unterschied

Während des Studienzeitraums dokumentierten die Probanden ihr Schmerzempfinden mithilfe eines Tagebuchs. Wie würden sich ihre Symptome nach einem Monat entwickelt haben? Das Ergebnis: Das Befinden aller Patienten hatte sich dank der Therapie leicht verbessert – allerdings gab es dabei keinen signifikanten Unterschied zwischen der Interventions- und der Placebo-Gruppe.

„Würden die Cremes wirklich wirken, hätten wir einen deutlichen Unterschied feststellen müssen. Das war aber nicht der Fall“, sagt Seniorautor Steven Cohen von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore. „Die mit Schmerzcremes behandelten Patienten berichteten im Durchschnitt zwar von einer etwas stärkeren Verbesserung – dieser Effekt war jedoch nicht groß genug, um wissenschaftlich von Bedeutung zu sein.“

Nicht besser als ein Placebo

Wegen der großen Bandbreite an bekannten Schmerzen kann es den Wissenschaftlern zufolge zwar trotzdem sein, dass bestimmte Cremes im Einzelfall doch eine Wirkung zeigen. Zudem konnten sie das oftmals in Mitteln gegen Muskelschmerzen enthaltene Capsaicin aus Cayenne-Pfeffer nicht auf seine Wirksamkeit hin überprüfen – es wäre von den Patienten sofort erkannt worden, was die Doppelverblindung der Studie zunichte gemacht hätte.

Insgesamt ist nach Ansicht von Brutcher und seinen Kollegen jedoch eine gewisse Skepsis angebracht: „Die von uns getesteten Cremes waren nicht besser als ein Placebo. Auch angesichts der hohen Kosten sollte ihr Einsatz in der Routineversorgung daher reduziert werden“, so ihr Fazit. (Annals of Internal Medicine, 2019; doi: 10.7326/M18-2736)

Quelle: Johns Hopkins Medicine

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