Psychologie

Audio-Landschaft der Gefühle

Karte zeigt Emotionen hinter spontanen Lautäußerungen

Lautäußerungen
Ob Uups oder Ahh: Spontane Lautäußerungen geben viel über unsere Gefühle preis. © S-S-S/ iStock.com

Ohhh… Ahhh…: Welche Emotionen spontane Lautäußerungen wie diese transportieren können, lässt sich nun auf einer interaktiven Audiokarte ergründen. Forscher haben für ihre Erstellung mehr als 2.000 emotionale Ausrufe aufgenommen und sie von Probanden bewerten lassen. Dabei zeigte sich: Wir können aus Ohs, Ahs und Co offenbar mindestens 24 unterschiedliche Gefühlszustände heraushören – sogar subtile Feinheiten wie der Unterschied zwischen positiver und negativer Überraschung bleiben uns nicht verborgen.

Ob ein überraschtes „Oh“, ein angsterfülltes „Ahhhhhhhh“ oder ein peinlich berührtes „Uups“: Seit jeher nutzen wir Menschen nicht nur konkrete Worte, um unsere Gefühle auszudrücken – sondern auch solche Lautäußerungen. Studien belegen, dass wir mithilfe von Ohs, Ahs und Co erstaunlich differenziert kommunizieren können. Aus ihnen lassen sich demnach immerhin 13 unterschiedliche Arten von Gefühlen heraushören – so zumindest das Ergebnis bisheriger Untersuchungen.

Wissenschaftler um Alan Cowen von der University of California in Berkeley haben nun jedoch herausgefunden, dass diese Zahl noch zu tief gegriffen ist: Offenbar decken unsere spontanen, emotionalen Ausrufe eine weitaus größere Spanne an Gefühlen ab als bisher bekannt.

Zwei Dutzend Emotionen

Für ihre Studie nahmen Cowen und sein Team zunächst mehr als 2.000 gefühlsgeladene Lautäußerungen auf. Dafür baten sie 56 Probanden aus den USA, Indien, Kenia und Singapur vokal auf ihnen präsentierte Szenen zu reagieren. Zusätzlich nutzten die Forscher 48 Lautäußerungen von der Videoplattform Youtube, die durch ähnliche Situationen im Alltagsleben entstanden waren – etwa, weil ein Baby gefallen war, Welpen geknuddelt wurden oder ein faszinierender Zaubertrick vorgeführt wurde.

Die gesammelten Ausrufe spielten die Wissenschaftler anschließend insgesamt 1.105 Erwachsenen US-Amerikanern vor. Sie sollten bewerten: Welche Bedeutung hatten die Lautäußerungen? War ihr Klang eher positiv oder negativ? Und welche Gefühle drückten sie aus? Die Auswertung der gegebenen Antworten offenbarte: Die Ohs, Ahs und Co konnten mindestens 24 unterschiedlichen Kategorien zugeordnet werden – und damit deutlich mehr als gedacht.

Audiokarte der Gefühle
Die Audiokarte zeigt, wie Gefühlszustände klingen. © Alan Cowen

Wie klingt Überraschung?

Konkret hörten die Studienteilnehmer Emotionen wie Erheiterung, Ärger, Furcht, Enttäuschung, Ekel, Bekümmerung, Mitgefühl und Erleichterung heraus. Sogar den Unterschied zwischen positiver und negativer Überraschung oder einem amüsierten und einem verlegenen Lachen konnten sie anhand der Aufnahmen erkennen, wie Cowen und seine Kollegen berichten. „Diese Ergebnisse zeigen, dass unsere Stimme ein weitaus mächtigeres Instrument ist, um Gefühle auszudrücken, als bislang angenommen“, konstatiert Cowen.

Wie die unterschiedlichen Gefühlszustände klingen, haben die Forscher auf einer Online-Audiokarte festgehalten. Sie zeigt auch, dass bestimmte Lautäußerungen häufig eine Mischung aus unterschiedlichen Emotionen transportieren. Das Team sieht seine interaktive Karte dabei nicht nur als interessante Spielerei – sie könnte sich durchaus auch für ernsthafte Zwecke als nützlich erweisen.

Potenzial für Robotik und Medizin

Zum Beispiel lassen sich mithilfe der Audiokarte Roboter darauf trainieren, menschliche Emotionen besser zu erkennen. Ein weiterer denkbarer Anwendungsbereich ist den Wissenschaftlern zufolge die Medizin. So gehen Erkrankungen wie Demenz oder Autismus oft mit Einschränkungen im Bereich der Gefühlserkennung einher.

„Unsere Karte bildet unterschiedliche Emotionen ab, die jemand mit einer solchen Störung möglicherweise nicht versteht“, erklärt Cowen. „Man könnte die Karte daher nutzen, um zu überprüfen, ob ein Patient subtile Unterschiede zwischen einzelnen Gefühlsaudrücken erkennt.“ (American Psychologist, 2019; doi: 10.1037/amp0000399)

Hier geht es zur interaktiven Karte der Gefühle: https://s3-us-west-1.amazonaws.com/vocs/map.html#

Quelle: University of California – Berkeley

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