Geniales Patent der Natur: Der Schädel des Tyrannosaurus rex war nicht nur besonders groß, er war auch in seiner Struktur einzigartig, wie eine Analyse enthüllt. Demnach besaß kein anderes Landwirbeltier so viele bewegliche Knochenmodule im Kopf wie der Raubdinosaurier. Dies machte Schädel und Schnauze des Tyrannosaurus besonders flexibel – und half ihm beim Reißen seiner Beute, wie die Paläontologen im Fachmagazin „Scientific Reports“ berichten.
Der Tyrannosaurus rex – der „König der Schreckensechsen“ – war eines der größten Raubtiere der Erdgeschichte. Der tonnenschwere Dino-Koloss wurde gut zwölf Meter lang und rannte so schnell wie ein Sprinter. Selbst größere Dinosaurier und sogar Angehörige seiner eigenen Art mussten sich vor diesem Räuber fürchten. Kein Wunder: Mit Zähnen scharf wie Steakmesser und seiner enormen Bisskraft konnte der T. rex selbst dicke Knochen mühelos knacken.
Einzigartige Komplexität
Doch Tyrannosaurus rex besaß noch eine Besonderheit, wie nun Ingmar Werneburg von der Universität Tübingen und sein Team herausgefunden haben. Für ihre Studie unterzogen die Paläontologen den Schädel des Dinosauriers einer neuartigen Analyse. Mithilfe der anatomischen Netzwerkanalyse untersuchten sie, welche Schädelknochen miteinander in Verbindung standen und welche funktionellen Einheiten der Dinoschädel aufwies. Dies verglichen sie mit den Ergebnissen für andere Reptilien, sowie Vögel und Säugetiere.
Das überraschende Ergebnis: Tyrannosaurus besitzt nicht nur mehr Schädelknochen als die anderen Landwirbeltiere, auch deren Struktur ist einzigartig. Denn die Knochen bilden bei ihm besonders viele Module – funktionelle Einheiten, die sich unabhängig voneinander bewegen konnten. „Der Tyrannosaurus hat das komplexeste und uneinheitlichste Modulmuster aller hier untersuchten Vertreter der großen Wirbeltierklassen“, berichten die Forscher.
Flexible Schnauze
Der gewaltige Schädel des Raub-Dinosauriers war demnach eine einzigartige Entwicklung der Natur. Denn seine Struktur machte den Kopf des T. rex besonders flexibel – sowohl Knochenteile beider Kopfseiten als auch Teile der Schnauze konnten sich gegeneinander bewegen. Dünnere, weichere Nähte in den Knochen, aber auch Gelenke sorgten für diese Flexibilität, wie Werneburg und sein Team feststellten.
„Besonders überrascht waren wir von der Entdeckung eines oberen und unteren Schnauzenmoduls, welche sich wohl unabhängig voneinander bewegen konnten“, berichtet Werneburg. Die Wissenschaftler vermuten, dass diese flexible Schnauze dem Raubdinosaurier beim Töten und Verschlingen seiner Beute geholfen hat: Sie erleichterte es dem T. rex, große Stücke aus seinen Beutetieren herauszureißen und verteilte zudem die Bisskraft flexibel.
Perfekt geeignet für einen „Super-Fleischfresser“
„Diese Eigenschaft, gepaart mit den in Zahntaschen verankerten Zähnen und zwei großen Schläfenfenstern als Ansatzflächen für eine kräftige Kiefermuskulatur, machten T. rex zum idealen Fleischfresser“, fasst Werneburg zusammen.
Umgekehrt legen die Vergleiche mit anderen Reptilien und Landwirbeltieren nahe, dass die Ernährungsweise und ihre anatomischen Erfordernisse im Laufe der Evolution die Schädelstruktur der Wirbeltiere prägten. Die Entwicklung zum Tyrannosaurus als einem „Hyper-Carnivoren“ könnte ihm demnach genau den einzigartigen Schädel verliehen haben, den er für die Jagd nach Beute brauchte. (Scientific Reports, 2019; doi: 10.1038/s41598-018-37976-8)
Quelle: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung