Überraschend gutes Gehör: Mücken können weitaus besser hören als bislang gedacht. Obwohl sie keine Ohren im herkömmlichen Sinne besitzen, reagieren Blutsauger der Art Aedes aegypti sogar noch auf Geräusche aus zehn Metern Entfernung. Damit können sie nicht nur die Flügelschläge potenzieller Partner aus der Ferne wahrnehmen. Ihr Hörspektrum liegt auch im Bereich menschlicher Sprechfrequenzen, wie Forscher im Fachmagazin „Current Biology“ berichten.
Im Liebesleben der Gelbfiebermücke Aedes aegypti hängt alles von einem guten Gehör ab: Nimmt ein Männchen den summenden Flügelschlag einer Mückendame wahr, beginnt das Paarungsritual. „Es ist schon lange bekannt, dass männliche Moskitos vom Klang der schlagenden Flügel der Weibchen angezogen werden“, sagt Ron Hoy von der Cornell University in Ithaca. Dabei verlassen sich die Mücken auf feine Härchen an ihren Antennen, die Vibrationen der Luft und damit auch Schall wahrnehmen können.
Dies funktioniert allerdings nur, wenn die Schallwelle wenige Zentimeter entfernt liegt – so zumindest dachte man bislang. Hoy und seine Kollegen haben kürzlich jedoch herausgefunden, dass mitnichten Ohren im herkömmlichen Sinne nötig sind, um auch über größere Distanzen hinweg Geräusche zu registrieren. So nehmen Springspinnen sogar noch Schall aus drei Metern Entfernung wahr – obwohl auch sie zum Hören lediglich vibrationsempfindliche Härchen auf ihren Tastern und Beinen besitzen.
Verführung aus der Ferne
Könnten die Hörorgane der Mücken ebenfalls empfindlicher sein als gedacht? Diese Vermutung hegte das Team um Hoy und Erstautor Gil Menda, als sie bei Experimenten mit Aedes aegypti-Männchen eine überraschende Beobachtung machten: Die liebeshungrigen Blutsauger reagierten selbst dann noch auf die verlockenden Flügelschläge von Weibchen, wenn diese mehrere Meter entfernt waren – sie flogen sofort los.
Um das Hörvermögen der Mücken genauer auf die Probe zu stellen, spielten die Wissenschaftler den Insekten anschließend Töne aus einem Lautsprecher vor. Mithilfe von Elektroden leiteten sie dabei die Gehirnströme der Blutsauger ab und konnten auf diese Weise nachvollziehen, wann das Hörzentrum der Mücken auf einen Reiz reagierte.
Bis zu zehn Meter
Es zeigte sich: Die Moskitos nehmen offenbar Geräusche aus bis zu zehn Metern Entfernung wahr. „Sie hören über Distanzen hinweg, für die normalerweise ein Trommelfell nötig ist“, konstatiert Hoy. Anders als die Sinneshärchen der Mücken reagiert das Trommelfell auf den von Schallwellen ausgehenden Druck. Es wird in Schwingungen versetzt, die dann zum Innenohr weitergeleitet werden.
Weitere Experimente offenbarten, dass die Blutsauger vor allem auf Frequenzen zwischen 150 und 500 Hertz reagieren. Diese Frequenzen überlappen mit jenen, in denen sich die Flügelschlagklänge der Weibchen bewegen – und teilweise auch mit unseren Sprechfrequenzen. „Die Mücken sollten also theoretisch in der Lage sein, Menschen reden zu hören“, sagt Hoy.
Hilfe bei der Opfersuche?
Nutzen die Blutsauger diese Fähigkeit womöglich, um ihre Opfer aufzuspüren? Bekannt ist, dass Mücken auf die von Menschen ausgehenden Gerüche und Wärme reagieren. Das Gehör als zusätzliche Hilfe bei der Opfersuche würde den Insekten weitere Vorteile bringen. So könnten die Tiere dadurch zum Beispiel die Position einer sprechenden Person relativ genau bestimmen, wie die Forscher schreiben. Ob sie dies wirklich tun, bleibt vorerst aber reine Spekulation. (Current Biology, 2019; doi: 10.1016/j.cub.2019.01.026)
Quelle: Cornell University/ Cell Press