Hund, Katze, Maus…was denn nun? Manche Bilder lassen nicht nur eine Deutung zu, sondern bieten ihrem Betrachter zwei oder gar mehrere Interpretationsmöglichkeiten. Wie beispielsweise der bekannte Rubin-Kelch – oder sieht man hier zwei Gesichter? Bei diesem „Figur-Hintergrund-Bild“ treten die Gruppierungsgesetze der Symmetrie und der Nähe in Konflikt. Wir können nicht eindeutig sagen, was als Hintergrund und was als Figur wahrgenommen werden soll. Dabei ist eine Mischung verschiedener Deutungen zur gleichen Zeit nicht möglich, nur ein Wechsel zwischen ihnen.
Die Voreingenommenheit durch Erfahrungen, Interessen, Erwartungen, Gefühle oder die momentane Stimmung führt zu einer selektiven Reizwahrnehmung. Davon hängt es ab, was wir in einem ambivalenten Bild als erstes sehen. Eine Interpretation ergibt sich deshalb fast von selbst, die anderen Varianten lassen jedoch oft auf sich warten.
Ist die Wand hinten oder vorne?
Mehrdeutigkeit kann sich auch auf die räumliche Wahrnehmung eines Bildes beziehen. Der Necker-Würfel ist ein einprägsames Beispiel hierfür. Man kann die sich überschneidenden Quadrate jeweils als hintere oder als vordere Wand des Quaders sehen, den Würfel also entweder von schräg oben oder unten betrachten – die räumliche Orientierung ist nicht eindeutig festgelegt. Das Gehirn kann sich nicht für eine der Varianten entscheiden und somit beginnt der Würfel im Raum hin und her zu springen.
Willentlich können wir uns nicht gegen den Wechsel der Wahrnehmung zur Wehr setzen, ihn allenfalls zeitlich verzögern. Er eignet sich allerdings ausgezeichnet für Messungen zur Zeitabhängigkeit unserer Wahrnehmung. Die Zeit, die man für den Perspektivenwechsel benötigt, ist so eindeutig wie ein Fingerabdruck. Jede Person weist eine individuelle Wechselgeschwindigkeit auf, die weder von Alter oder Intelligenzquotient beeinflusst noch durch Training verändert werden kann. Was letztlich die Ursache für die unterschiedlichen Geschwindigkeiten ist, konnten die Wissenschaftler bislang noch nicht klären.
Autorin: Daniela Baum