Acht Basen statt vier: Forscher haben das genetische Alphabet unseres Erbguts erweitert. Sie kreierten eine DNA, die nicht nur aus den vier natürlichen Basen besteht – sondern zusätzlich aus vier künstlichen. Trotz dieser Erweiterung bleibt die synthetische DNA funktionsfähig, wie Tests ergaben. Sie könnte unter anderem die Entwicklung bisher unbekannter Proteine ermöglichen, wie das Team im Fachmagazin „Science“ berichtet.
Der genetische Bauplan aller Lebewesen setzt sich aus Abfolgen von vier Buchstaben zusammen: den Basen Guanin, Cytosin, Thymin und Adenin. Doch was von der Natur vorgegeben ist, können Forscher inzwischen erweitern. Sie nutzen synthetische Basen, um zusätzliche Buchstaben in die DNA-Doppelhelix einzubauen. Auf diese Weise haben sie das Erbgut-Molekül in der Vergangenheit bereits um zwei Bestandteile erweitert. Das Ergebnis war eine künstliche DNA mit sechs statt vier Basen.
Erweitert um vier Bausteine
Ein Team um Shuichi Hoshika von der Foundation for Applied Molecular Evolution in Alachua ist nun noch einen Schritt weitergegangen: Die Wissenschaftler haben eine neuartige DNA kreiert, die sich aus acht Bausteinen zusammensetzt und sie passenderweise „Hachimoji“ getauft. Das ist Japanisch und bedeutet so viel wie „acht Buchstaben“.
Eine Hachimoji-Helix besteht aus den vier natürlichen Nukleinbasen sowie vier synthetischen, die mit den Buchstaben „Z“, „P“, „S“ und „B“ bezeichnet werden. Das Wichtige dabei: Obwohl diese DNA eine künstliche Kreation ist, verfügt sie über alle wesentlichen Eigenschaften ihres natürlichen Pendants.
Von DNA zu RNA
Tests ergaben, dass sich die Basen der Hachimoji-DNA nach einem vorhersagbaren Muster paaren: Sie formen vier komplementäre Paare und bilden mit ihrem jeweiligen Partner Wasserstoffbrücken aus. Außerdem sind die künstlichen Bausteine so aufgebaut, dass sie sich nahtlos in die natürliche Doppelhelix einfügen und eine regelmäßige Struktur entsteht.
Ein entscheidendes Merkmal, wie Hoshikas Kollege Steven Benner erklärt: „Schon Schrödinger sagte vorher: Egal welches genetische Polymer eine Lebensform nutzt, seine Informations-enthaltenen Bausteine müssen alle dieselbe Form und Größe besitzen.“ Und noch eine bedeutende Eigenschaft hat die Hachimoji-DNA: Sie lässt sich mithilfe einer Poymerase in RNA transkribieren, wie Versuche zeigten.
Code für außerirdisches Leben?
Damit erfüllt die synthetische DNA wichtige Voraussetzungen, um als Baustein des Lebens fungieren zu können. Und wer sagt, dass es nicht irgendwo draußen im Weltall tatsächlich eine Lebensform gibt, deren genetischer Bauplan auf einem Code aus acht Buchstaben basiert? „Unsere Arbeit legt nahe, dass dies zumindest theoretisch möglich wäre“, konstatiert Andrew Ellington von der University of Texas in Austin.
Dafür müsste diese außerirdische DNA allerdings eine Fähigkeit besitzen, über die Hachimoji noch nicht verfügt: Sie müsste selbsterhaltend sein. Die synthetische DNA des Teams könnte sich in einem Organismus außerhalb des Labors nicht selbständig vermehren – denn sie ist auf Bausteine angewiesen, die es in der Natur so nicht gibt.
Zutat für neuartige Proteine
Nach Ansicht der Wissenschaftler bietet die um vier Basen erweiterte DNA vor allem vielversprechende Möglichkeiten im Bereich der synthetischen Biologie – sei es als Informationsspeicher oder zur Entwicklung neuartiger Proteine und Medikamente. Die ebenfalls an der Studie beteiligte Firma Firebird Biomolecular Sciences arbeitet bereits an der Umsetzung solcher Anwendungen. „Diese Arbeit hat das Potenzial, die Gesundheit der Menschen zu beeinflussen“, sagt Produktentwickler Mark Poritz. (Science, 2019; doi: 10.1126/science.aat0971)
Quelle: AAAS/ Foundation for Applied Molecular Evolution