Herz aus dem Takt: Der Verzicht auf Kohlenhydrate kann möglicherweise Vorhofflimmern begünstigen. Darauf deutet nun zumindest die Auswertung von Daten einer Langzeitstudie hin. Demnach war eine Low-Carb-Ernährung mit einem 16 bis 18 Prozent erhöhten Risiko für die Herzrhythmusstörung verbunden. Ob es sich hierbei allerdings um einen kausalen Zusammenhang handelt, müssen weitere Untersuchungen erst noch bestätigen.
Wer etwas gegen seine Speckpölsterchen unternehmen will, hat die Wahl zwischen gefühlt hunderten Diäten. Besonders „en vogue“ ist dabei in letzter Zeit die Low-Carb-Ernährungsweise: Diätwillige verzichten weitestgehend auf Kohlenhydrate und nehmen statt Getreide, Obst und stärkehaltigem Gemüse vermehrt Proteine zu sich – zum Beispiel in Form von Fleisch und Ei. Doch wie gesund ist das eigentlich?
„In Bezug auf die langfristige Gesundheitswirkung des Kohlenhydratverzichts sind die Ergebnisse widersprüchlich“, sagt Xiaodong Zhuang von der Universität Guangzhou in China. So attestieren einige Studien bestimmten Low-Carb-Diäten einen positiven Einfluss auf die körperliche und geistige Fitness. Andere kommen dagegen zu dem Ergebnis, dass proteinreiche Ernährungsstile das Risiko für Herzkreislauferkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall erhöhen können.
Herzrhythmusstörung im Blick
Um diesem Zusammenhang näher auf den Grund zu gehen, hat das Forscherteam um Zhuang nun untersucht, welche Rolle Kohlenhydrate für Vorhofflimmern spielen – eine der weltweit häufigsten Herzrhythmusstörungen und ein bedeutsamer Risikofaktor für Schlaganfall und Herzversagen.
Für ihre Studie analysierten die Wissenschaftler Daten von insgesamt rund 14.000 Probanden, die zwischen 1985 und 2016 an einer Langzeitstudie der US-amerikanischen National Institutes of Health teilgenommen hatten. Für diese Untersuchung wurde nicht nur der gesundheitliche Zustand der Teilnehmer erfasst. Sie wurden auch zu ihrer Ernährungsweise befragt.
Erhöhtes Risiko
Anhand dieser Informationen teilten Zhuang und seine Kollegen die Probanden in drei Gruppen ein: Bei wem war die Kohlenhydratzufuhr niedrig, bei wem moderat und bei wem besonders hoch? Dabei offenbarte sich ein auffälliger Zusammenhang: Unter den knapp 1.900 Teilnehmern, die im Laufe der Zeit die Diagnose Vorhofflimmern erhielten, waren besonders viele, die sich nach eigenen Angaben kohlenhydratarm ernährten – Kohlenhydrate machten bei ihnen weniger als 44,8 Prozent der täglichen Kalorienzufuhr aus.
Die Forscher rechneten aus: Bei einer Low-Carb-Ernährungsweise war das Risiko Vorhofflimmern zu entwickeln im Vergleich zur moderaten Kohlenhydrataufnahme um 18 Prozent erhöht. Im Vergleich zu einer hohen Kohlenhydratzufuhr ergab sich eine Risikosteigerung um 16 Prozent. „Dieser Effekt war unabhängig von der Art der Proteine oder Fette, die die Kohlenhydrate ersetzten“, berichtet Zhuang.
Ursache und Wirkung?
Wie aber lässt sich diese Beobachtung erklären? Zum einen sind Gemüse- und Getreidesorten dafür bekannt, Entzündungen im Körper reduzieren zu können. Werden sie im Zuge einer kohlenhydratarmen Ernährung weggelassen, könnten die Entzündungswerte steigen – und das erhöht das Risiko für Vorhofflimmern, wie die Wissenschaftler erläutern. Zum anderen könnte die vermehrte Aufnahme von Proteinen und Fetten ihnen zufolge zu schädlichem oxidativem Stress führen.
Allerdings: Bevor die zugrundliegenden Mechanismen näher untersucht werden, muss erst einmal klar sein, dass es sich bei der nun beobachteten Korrelation tatsächlich um einen kausalen Zusammenhang handelt. „Unsere Arbeit zeigt zwar einen Zusammenhang auf, Ursache und Wirkung kann sie aber nicht belegen“, betont Zhuang.
Deshalb gehe es nun zunächst darum, weitere Studien durchzuführen, die die genaue Beziehung zwischen Kohlenhydraten und Vorhofflimmern enthüllen, so der Forscher. (American College of Cardiology, 2019; 68th Annual Scientific Session)
Quelle: Amercian College Cardiology