Zwei Jahre nach dem Alp Array-Projektstart im Jahr 2015 war das dichte Netz aus Messpunkten fertig aufgebaut. Per Mobilfunk werden seither die Daten der zehn Bochumer Stationen in Echtzeit an die Ruhr-Universität Bochum übertragen.
Im Flur des Instituts für Geologie, Mineralogie und Geophysik hängen Monitore an der Wand, auf denen jeder Besucher live verfolgen kann, ob und wo in den Alpen die Erde bebt. Alle Daten sämtlicher Messpunkte werden zudem an zentralen Stellen in Europa gesammelt und können jedem, der ihre Nutzung beantragt, zur Verfügung gestellt werden.
Seismische Wellen aus aller Welt
Dann begann für die Forscher das Warten – auf Erdbeben. „Kleinere auswertbare Erdbeben finden fast täglich statt, größere Ereignisse natürlich wesentlich seltener“, erklärt Kasper Fischer. Je nachdem, wo ein Erdbeben seinen Ursprung hat, kommen seine Wellen früher oder später in der Alpenregion an und verlaufen aus verschiedenen Richtungen durch das Messnetz.
Ein Erdbeben mit Ursprung in Japan verursacht ein Wellenmuster, das aus Nord-Osten kommt, eines in Griechenland kommt aus Südwesten. Bei weit entfernten Beben melden alle Messstandorte fast zeitgleich Bodenbewegungen. Lokale Erdbeben wandern mit größerer zeitlicher Verzögerung durch das Netz der Messpunkte.
Raumwellen verraten Lage der Gebirgswurzeln
„Besonders interessant sind für uns in der Regel nicht die Oberflächenwellen von Erdbeben, die die meiste Zerstörung anrichten“, sagt Fischer. „Wir konzentrieren uns normalerweise auf die Raumwellen.“ Zu diesem Wellentyp gehören die Primärwellen, die das Gestein in Ausbreitungsrichtung abwechselnd dehnen und komprimieren. Ebenfalls eine Raumwelle sind die Schwerwellen, die das Gestein seitlich hin- und herbewegen.
Die Raumwellen gehen kugelförmig vom Ursprung eines Bebens aus, der meist in großer Tiefe liegt, und verbreiten sich durch den Erdkörper. Im Gestein des Erdmantels breiten sie sich dabei schneller aus als in der Erdkruste. Dadurch laufen sie auch durch die Wurzel der Alpen langsamer als durch das umgebende Gestein.
Die seismischen Messwerte liefern den Forschern so wertvolle Informationen über die Beschaffenheit des Untergrunds tief unter dem Gebirge. Zusätzlich erlaubt es das enge Netz des Alp Array, auch die Informationen, die in den Oberflächenwellen enthalten sind, detailliert auszuwerten.
Meike Drießen/ RUBIN, Ruhr-Universität Bochum