Bahnbrechende Erfindung: Vor 30 Jahren schlug die Geburtsstunde des World Wide Web – des Internets, wie wir es heute kennen. Denn am 12. März 1989 stellte der Physiker Tim Berners-Lee am Forschungszentrum CERN das erste Konzept eines internetbasierten Netzwerks mit Servern, Webseiten, Links und Browsern vor. Seine Idee löste eine Entwicklung aus, die heute unseren Alltag prägt wie kaum etwas anderes.
Heute sind Browser, Webseiten und Internetlinks aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Wir nutzen das Web zum Surfen, Shoppen, fürs Online-Banking und in Form sozialer Medien. Doch all dies war in der Anfangszeit des Internet noch undenkbar. Zwar gab es schon seit 1969 eine Art Netzwerk das Forschungszentren verband und über das Wissenschaftler E-Mails und Daten austauschten. Eine einfaches und für alle zugängliches Web, wie wir es heute kennen, existierte jedoch nicht.
„Damals gab es verschiedenen Informationen auf unterschiedlichen Computern, aber man musste sich in jeden Rechner einzeln einloggen, um sie zu bekommen“, erinnert sich Tim Berners-Lee, damals Physiker am Forschungszentrum CERN bei Genf. „Oft musste man zudem für jeden Computer neue Programme lernen. Da war es manchmal sogar einfacher, zu den Leuten hinzugehen und sie bei einer Tasse Kaffee nach den Informationen zu fragen.“
Die Idee des World Wide Web
Für Berners-Lee war klar – das musste auch anders gehen. Er entwickelte ein Konzept, durch das Informationen einfacher online gestellt und angeschaut werden konnten. „Stellt euch vor, alle Informationen, die auf Computern überall gespeichert ist, wäre verlinkt“, so Berners-Lee. „Und stellt euch vor, ich könnte meinen Computer so programmieren, dass er einen Ort erzeugt, in dem alles mit allem verlinkt wäre.“
Um das zu ermöglichen, ersann der Physiker die nötigen Komponenten eines solchen Systems: Der erste Baustein ist eine einheitliche Sprache, das html, über die Webseiten mit Inhalten gefüllt und gestaltet werden können. Der zweite Baustein ist die URL – ein Webadresse, die für jede Website einzigartig ist und die über Links aufgerufen werden kann. Dazu kommt ein Protokoll, das die Übermittlung der Informationen im Netz regelt – das Hypertext Transfer Protocol (http). Als Plattform für Webseiten dient zudem ein Webserver, ausgelesen werden die Informationen über eine auf jedem Rechner präsente Anwendung – den Browser.
Vom Konzept zur ersten Website
Am 12. März 1989 stellte Tim Berners-Lee sein Konzept unter dem Titel „Information Management: A Proposal“ seinen Kollegen vor. Deren Reaktion war allerdings zunächst nur bedingt begeistert. Sein Chef schrieb auf das Deckblatt des Konzepts die Anmerkung: „Vage, aber durchaus spannend“. Dennoch machte der Physiker weiter und veröffentlichte es 1990 unter dem Titel: „WorldWideWeb: Vorschlag für ein Hypertext-Projekt“.
Ende 1990 hatte Berners-Lee den ersten Prototypen seines WWW umgesetzt: In seinem Labor lief der erste Webserver, versehen mit einem handgeschriebenen Hinweisschild: „Dieses Gerät ist ein Server. BITTE NICHT AUSSSCHALTEN!“ Auf ihm hatte der Forscher eine erste Website konstruiert, die zum einen den CERN-Forschern als Austauschplattform diente, zum anderen aber das Prinzip des World Wide Web und ihre Funktionsweise erklärte.
Der Siegeszug des Webs
Der entscheidende Schritt erfolgte am 30. April 1993: Das CERN übergab die Software für das WWW offiziell der Gemeinfreiheit. Das stellte sicher, dass jeder dieses System kostenfrei nutzen darf. Damit war der Grundstein für das heutige WWW gelegt. „Die Erfindung des World Wide Web hat unsere Welt transformiert und zeigt bis heute, wie Grundlagenforschung Innovationen hervorbringen kann“, sagt CERN-Generaldirektorin Fabiola Gianiotti.
Tatsächlich war der Siegeszug des WWW nicht mehr aufzuhalten: 1993 gab es bereits mehr als 500 Webserver. Die Websites des WWW machten allerdings erst ein Prozent des Internet-Datenverkehrs aus. Heute existieren mehr als zwei Milliarden Websites und die Hälfte der Weltbevölkerung ist im WWW online. Tim Berners-Lee ist heute Vorsitzender des W3-Konsortiums – des Gremiums, das für die Standardisierung der Web-Technologien zuständig ist.
Sorge um die Zukunft seines „Babys“
Der „Vater des World Wide Web“ sieht allerdings die heutige Entwicklung seiner Erfindung durchaus kritisch. So beklagte er 2018 in einem offenen Brief: „Das Web, in das viele von uns sich vor Jahren eingeklinkt haben, ist heute ein anderes als damals. Was einst eine reiche Vielfalt an Blogs, und Websites war, ist heute unter der machtvollen Last einiger weniger dominanter Plattformen zusammengeschrumpft“, so Berners-Lee.
Die Übermacht von Google, Facebook oder anderen großen Plattformen konzentriert seiner Ansicht nach zu viel Verantwortung und Macht in den Händen einiger weniger kommerzieller Akteure. Berners-Lee hat daher mit der „Webfoundation““ eine Initiative gegründet, die sowohl den Zugang zum Web für alle fördern soll als auch die Risiken durch Datenklau, Fake-News und Meinungsmache bekämpfen. „Wenn wir Zeit verbringen, um das Internet zu nutzen, sollten wir auch ein wenig Zeit dafür aufwenden, es zu verteidigen, um es besorgt sein und auf es aufzupassen“, so der Physiker.
Quelle: CERN, Webfoundation.org