Überraschende Entdeckung: Der Stolpen-Vulkan bei Dresden ist zwar schon lange die weltweite Typlokalität für Basalt – seine Lava galt als typisch für diesen Gesteinstyp. Doch jetzt widerlegen neue Analysen diese Zuordnung. Demnach entstand dieser Vulkan nicht nur ganz anders als bisher gedacht, sein Vulkangestein ist auch kein echter Basalt, wie die Forscher im Fachmagazin „Journal of Geosciences“ berichten. Damit kann dieser Vulkan nicht länger als Typlokalität für Basalt gelten.
Wenn um Gesteine geht, dann sind Typlokalitäten eine wichtige Referenz. Sie kennzeichnen geologische Formationen, in denen der entsprechende Gesteinstyp besonders exemplarisch vorliegt und wo er zuerst beschrieben wurde. Für das Vulkangestein Basalt ist der Stolpen-Vulkan bei Dresden die weltweite Typlokalität. Schon der Gelehrte Georgius Agricola beschrieb im Jahr 1546 die säulenförmigen Lavagesteine dieses Vulkans als Basalt.
Stolpen-Vulkan neu untersucht
Nach gängiger Lehrmeinung entstand der Stolpen-Basalt vor rund 30 Millionen Jahren, als dünnflüssige, silikatarme Lava bis knapp unter die Erdoberfläche aufstieg, dann aber stecken blieb. Als die Lava langsam abkühlte, erstarrte sie zu Basaltsäulen – sechseckigen, verblüffend regelmäßig geformten Säulen. Die Erosion legte im Laufe der Zeit Teile dieser Säulenbasalt-Formation in Stolpen wieder frei.
Jetzt jedoch haben Olaf Tietz vom Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz und sein Team den Stolpen-Vulkan und sein Vulkangestein noch einmal genauer analysiert. Dafür führten sie eine neue geologische Kartierung des Untergrunds durch und entnahmen mehrere Gesteinsproben. Diese Proben analysieren die Forscher dann auf ihre mineralische und chemische Zusammensetzung.
Maar mit Schlackenkegel und Lavasee
Das überraschende Ergebnis: Weder der Vulkantyp noch der Basalt des Stolpen-Vulkans sind das, wofür man es bisher gehalten hat. So enthüllen die heterogene Zusammensetzung der Lava und die eingestreuten Schlacken, dass dieser Vulkan seine Lava sehr wohl bis an die Erdoberfläche förderte. „Die Entstehung des Stolpen-Vulkans verlief dabei in drei Phasen“, wie die Forscher berichten. Als erstes entstand in einer heftigen Wasserdampf-Explosion ein Maar.
Dann stieg erneut Lava auf, die einen Schlackenkegel in dem rund 110 Meter tiefen Maarkrater bildete. Als dieser Schlackenkegel in einer explosiven Eruption ausbrach, füllte sich der Maarkrater mit einem Lavasee. Darauf deutet unter anderem die kreisförmig ausstrahlende Ausrichtung der Basaltsäulen am Stolpen-Vulkan hin, wie Tietz und seine Kollegen erklären. Diese Säulen wurden zunächst verschüttet, dann später durch Erosion und tektonische Hebungen aber wieder freigelegt.
Damit ist nach Ansicht der Forscher klar, dass der Stolpen-Vulkan entgegen bisheriger Annahme kein Subvulkan oder Lavadom ist. Stattdessen handelt es sich um einen sogenannten Maar-Diatrem-Vulkan, der noch dazu einst einen Lavasee besaß.
Basanit statt Basalt
Noch entscheidender aber sind die Ergebnisse der Gesteinsanalysen: „Unsere neuesten Untersuchungen zeigen, dass die Stolpener Vulkanite gar keine Basalte sind“, sagt Tietz. Den aktuellen Klassifikationen nach entspricht das Lavagestein stattdessen einem Basanit mit Nephelin-Anteilen. Im Unterschied zu echtem Basalt enthält Basanit mehr Olivin und Alkalioxide, dafür weniger Siliziumoxid.
Das aber bedeutet: „Die Stolpen-Lava kann nicht mehr als Basalt entsprechend der aktuellen Nomenklatur beschrieben werden“, konstatieren die Geologen. Damit sei diese Formation nicht mehr als Typlokalität für diesen Gesteinstyp geeignet. „Das Beispiel Stolpen demonstriert eindeutig, dass historische Typlokalitäten für Gesteinstypen nicht immer mit den heutigen Gesteinsklassifizierungen vereinbart werden können“, so Tietz und seine Kollegen.
Trotzdem historisch und geologisch wertvoll
Dennoch habe der Stolpen-Vulkan aufgrund seiner einzigartigen Wissenschaftsgeschichte und der fantastisch ausgebildeten Gesteinssäulen eine große Bedeutung als Vulkanlokalität, so Tietz. Denn als im 19. Jahrhundert ein heftiger Streit um die Entstehungsweise des Basalts tobte, pilgerten Dutzende Wissenschaftler und sogar der geologisch interessierte Johann Wolfgang von Goethe nach Stolpen, um den Vulkan und sein Gestein zu untersuchen. (Journal of Geosciences, 2019; doi: 10.3190/jgeosci.275)
Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen