Nekrophilie als Überlebenshelfer: Das Tote Meer ist weniger tot als man glaubt, denn selbst tief im Sediment dieses Salzsees könnte es Mikroben geben. Darauf deuten spezielle Fettverbindungen hin, die Forscher in Sedimentbohrkernen aus dem Toten Meer nachgewiesen haben. Das Spannende daran: Als Rohstoffe für diese Wachsester dienen den Bakterien offenbar die Überreste toter Archaeen. Erst diese „Nekrophilie“ ermöglicht ihnen das Überleben unter diesen Extrembedingungen.
Das Tote Meer ist alles andere als lebensfreundlich. Denn das Wasser dieses tiefsten Sees der Erde ist zehnmal salziger als jedes Meer – kein anderer Salzsee enthält eine so konzentrierte Lauge. Je tiefer sich man Richtung Seegrund bewegt, desto salziger und lebensfeindlicher wird das Wasser. Dies macht es selbst den hartgesottensten Bakterien schwer, dort zu überleben. Deshalb wurden bisher auch nur die widerstandsfähigeren Archaeen im Toten Meer entdeckt – und auch dies vorwiegend an einigen wenigen Süßwasserquellen am Seegrund.
Spurensuche im Seegrund
Noch weitgehend unbekannt war jedoch, welche Organismen im Sediment des Toten Meeres leben. Denn aus zahlreichen Studien weiß man inzwischen, dass die Tiefe Biosphäre von einer großen Zahl von Bakterien, Archaeen und einzelligen Pilzen bevölkert wird – normalerweise. Aber wie sieht dies in den lebensfeindlichen Tiefen des Toten Meeres aus? „Unter dem Grund dieses Sees liegt eines der extremsten Ökosysteme unseres Planeten“, konstatieren Camille Thomas von der Universität Genf und ihre Kollegen.
Kann es dort trotzdem Leben geben? Um das herauszufinden, haben die Forscher einen aus der Mitte des Toten Meeres entnommenen Sedimentbohrkern untersucht. Mithilfe von chemischen Analysen suchten sie nach speziellen Fettmolekülen, die auf die Präsenz von Einzellern in den Ablagerungen des Seegrunds hindeuten könnten.