Ob Mikroben oder andere bioaktive Präparate: Wie gut ein Bioeffektor das Pflanzenwachstum fördert, hängt auch vom richtigen Einsatz ab. Denn viele wirken nur dann, wenn sie an der richtigen Stelle und in der richtigen Kombination an die Pflanze gebracht werden. Doch so komplex und individuell die Wirkung dieser Mittel ist – nach Ansicht der Forscher haben sie ein enormes Potenzial.
Auf den Standort kommt es an
Wie die Wissenschaftler um Günter Neumann herausgefunden haben, lassen sich nicht alle Pflanzen über einen Kamm scheren – und sogar je nach Standort und Anbauweise gibt es deutliche Unterschiede. Beim Tomatenanbau unter geschützten Gewächshausbedingungen reagierten die Pflanzen beispielsweise gleich gut auf Einzel-Wirkstoffe oder aber Cocktails aus mehreren Bioeffektoren. In beiden Fällen gab es bei den organisch gedüngten Tomaten deutliche Ertragssteigerungen und eine verbesserte Qualität der Früchte.
Anders war dies bei Tomaten, die unter ganz anderen Bedingungen wuchsen: „Tomaten, die von israelischen Projektpartnern in der Negev-Wüste angebaut wurden und dort extremeren Umweltbedingungen wie Hitze, hoher Sonneneinstrahlung und sparsamer Wasserversorgung nur durch Tröpfchenbewässerung ausgesetzt waren, schnitten nach Behandlung mit dem EuroChem-Cocktail besser ab als mit den Einzelprodukten“, berichtet Neumann.
In den Topf oder aufs Feld?
Und noch etwas gilt es in der Praxis zu beachten: Je nach Nutzpflanzenart und Anbaumethode lassen sich die Bioeffektoren nicht immer einfach an ihren Wirkungsort bringen – die Pflanzenwurzel. Bei vielen im Gewächshaus vorgezogenen Gemüsen wie Tomaten ist das relativ einfach: Die Mikroben oder organischen Substanzen werden in die Töpfe der Jungpflanzen gegeben. „Das sind ideale Bedingungen, um Mikroorganismen in ausreichend hoher Zahl in kleinem Dosierungsvolumen direkt mit der Wurzel in Kontakt zu bringen und unter optimalen Wachstumsbedingungen die Wurzelbesiedelung zu fördern“, sagt Neumann.
Andere Kulturen, zum Beispiel Weizen, keimen und wachsen jedoch ungeschützt im Freiland. Das erfordert eine aufwändigere Behandlung, denn hier müssen deutlich größere Bodenbereiche mit den Bioeffektoren beimpft werden. „Hier haben die nichtmikrobiellen Präparate momentan noch klare Vorteile. Sie sind oft preislich günstiger und flexibler in der Anwendung, weil sie im Gegensatz zu den meisten Mikroorganismen zum Beispiel auch über Blattspritzungen wirken“, erklärt der Hohenheimer Pflanzenphysiologe.
„Großes Potenzial“
Damit scheint klar: Der Einsatz von Bioeffektoren und ihre Wirkung beruhen auf komplexen Wechselwirkungen. Dennoch sehen die in den Mikroben und anderen bioaktive Substanzen ein großes Potenzial. Denn die Bioeffektoren könnten das Pflanzenwachstum auf natürliche Weise fördern und gleichzeitig den Düngebedarf senken. „Solche Präparate müssen kein Nischenprodukt bleiben. Selbst große Firmen wie Bayer und Monsanto zeigen inzwischen Interesse daran“, sagt Neumann.
Die Wissenschaftler wollen deshalb weiter daran arbeiten, effiziente und kostengünstige Anwendungstechniken zu entwickeln, die sich in bestehende Arbeitsabläufe integrieren lassen. „Der Einsatz der Mittel soll sich ja für die Produzenten auch lohnen“, hebt Neumann hervor. „Damit sich die Präparate durchsetzen, braucht es allerdings auch geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen.“ Früher galten solche Stoffe in Deutschland als Pflanzenstärkungsmittel mit einem vereinfachten Zulassungsverfahren. Jetzt jedoch will die EU die Richtlinien vereinheitlichen – und könnte die Bioeffektoren als Pflanzenschutzmittel einstufen.
Das jedoch würde die Anmeldung neuer Stoffe teuer und aufwändig machen – und damit besonders für kleinere Firmen unattraktiv. „So können möglicherweise wertvolle Präparate verlorengehen, die sonst die Grundlage zur Entwicklung von Alternativen zu chemischen Pflanzenschutzmitteln bieten könnten“, warnt der Pflanzenphysiologe.