Geschickte Hände: Leonardo da Vinci war nicht nur ein genialer Künstler, er nutzte offenbar auch beide Hände dabei gleichermaßen geschickt. Das legen Analysen von Handschriftenproben und einer frühen Landschaftszeichnung da Vincis nahe. Von den beiden Inschriften auf diesem Werk schrieb der Künstler eine mit der rechten und eine mit der linken Hand, wie Forscher berichten. Dies deutet darauf hin, dass der als Linkshänder geborene da Vinci schon als Kind zum Rechtshänder umerzogen wurde.
Vor fast genau 500 Jahren starb eines der großen Genies der Renaissance: Leonardo da Vinci. Mit Kunstwerken wie der Mona Lisa oder dem letzten Abendmahl setzte er Maßstäbe in der Malerei. Er war aber auch ein Pionier der Anatomie, konstruierte Panzerfahrzeuge, Fluggeräte und sogar Roboter und beschäftigte sich mit Astronomie. Bis heute weckt das vielseitige und umfangreiche Werk da Vincis Staunen und Bewunderung und gehört zum kulturellen Welterbe.
Spiegelschrift mit Handwechsel
Doch über den Menschen da Vinci ist noch längst nicht alles bekannt. Eine Eigenheit des großen Künstlers könnten nun Forscher um Cecilia Frosinini vom Kunstmuseum der Uffizien in Florenz aufgedeckt haben. Sie stießen darauf, als sie eine der frühesten Landschaftszeichnungen da Vincis mithilfe moderner Analysemethoden näher untersuchten. Dieses nach seiner Inventarnummer als „8P“ bekannte Bild trägt zwei Inschriften.
Eine Inschrift ist von Leonardo da Vinci in Spiegelschrift geschrieben und gibt Namen und Datum des Bildes an. Auf der Rückseite existiert eine zweite handschriftliche Notiz in normaler Richtung. Die Analyse der Handschriften und der Vergleich mit anderen Schriften da Vincis ergab, dass beide höchstwahrscheinlich vom Künstler selbst geschrieben wurden. Die Tinte war zudem die gleiche, die da Vinci auch für seine Zeichnung verwendet hatte.
Beidhändig durch frühe Umerziehung
Das Spannende jedoch: Die Merkmale der Handschriften sprechen dafür, dass Leonardo da Vinci jeweils verschiedene Hände dafür nutzte. Die Spiegelschrift schrieb er mit der linken Hand, die normale Notiz dagegen mit der rechten, wie Frosinini berichtet. Da Vinci war demnach offenbar beidhändig versiert – er konnte sowohl mit der linken als auch mit der rechten Hand malen und schreiben.
Den Grund dafür sehen die Kunsthistoriker in der Linkshändigkeit des genialen Künstlers: „Leonardo wurde linkshändig geboren, aber dann in jungen Jahren dazu erzogen, die rechte Hand zu nutzen“, erklärte Frosinini gegenüber der AFP. Dadurch entwickelte er im Laufe der Zeit eine große Geschicklichkeit mit beiden Händen. Im Alltag wechselte da Vinci dabei offenbar häufiger von einer zur anderen Hand, wie die Inschriften zeigen.
Verborgene Landschaften und ein kopfstehendes Pferd
Die Analyse des Landschaftsbildes „P8“ enthüllte jedoch noch mehr zu diesem Kunstwerk: Infrarotaufnahmen zeigten, dass sich unter der Landschaft auf der Vorderseite noch zwei frühere Versionen dieses Bildes verbergen. Auf der Rückseite zeichnete Leonardo da Vinci ebenfalls zwei Landschaftsversionen übereinander – jedoch von einer völlig anderen Szenerie. Sie zeigen einen Fluss mit einem zerklüfteten Felsen, außerdem einige mit Bleistift eingezeichnete geometrische Motive und Blumen.
Interessant sind auch rätselhafte Abdrücke auf der Rückseite des Zeichenblatts, die keinerlei Pigment enthalten. Sie zeigen ein auf dem Kopf stehendes Pferd, sowie Teile eines Berges. Frosinini und ihr Team vermuten, dass es sich um Zeichenspuren handelt, die von einem darübergelegten Blatt durchgedrückt wurden. „Das spricht dafür, dass da Vinci diese Zeichnung für den Alltagsgebrauch machte, nicht als explizites Kunstwerk“, erklären die Kunsthistoriker. Für da Vinci war diese Landschaft vermutlich einfach nur eine „Fingerübung“ von vielen.
Quelle: Galleria degli Uffizi