Chemischer Urknall: Die allererste Molekülbindung in unserem Universum entstand zwischen Helium und einem Wasserstoffkern. Jetzt haben Astronomen dieses Heliumhydrid-Ion (HeH+) zum ersten Mal im Weltall nachgewiesen. Mithilfe des Flugzeug-Teleskops SOFIA spürten sie es in einem 3.000 Lichtjahre entfernten planetarischen Nebel auf. Nach jahrzehntelanger Suche ist damit bestätigt, dass dieses primordiale Ion im Kosmos entstehen kann und bis heute existiert, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Am Anfang war der Wasserstoff: Rund 380.000 Jahre nach dem Urknall bildeten sich die ersten neutralen Atome – die Elemente Wasserstoff, Helium und Lithium. Wenig später durchlebte das junge Universum einen weiteren bahnbrechenden Wandel: Die erste chemische Bindung entstand. Neutrale Heliumatome reagierten dabei mit Protonen des Wasserstoffs und formten Heliumhydrid-Ionen (HeH+).
„Dilemma für die Astronomie“
„Die gesamte Chemie des Universums begann mit diesem Ion“, erklären Rolf Güsten vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und seine Kollegen. „Doch trotz seiner unzweifelhaften Bedeutung für die Evolution des frühen Universums, hat man das Heliumhydrid-Ionen bisher noch nie eindeutig im interstellaren Raum nachweisen können.“ Zwar konnten Chemiker dieses instabile Molekül bereits 1925 im Labor erzeugen.
Ob Heliumhydrid aber auch unter natürlichen Bedingungen im Kosmos entstehen kann, blieb mangels Beweisen offen. „Dieser fehlende Nachweis war ein echtes Dilemma für die Astronomie“, so die Forscher. „Das hat unser ganzes Verständnis der Vorgänge im frühen Universum in Frage gestellt.“ Zwar gab es Hinweise auf dieses Molekül im Supernova-Überrest SN 1987A und in einigen entfernten Quasaren. Aber alle blieben unbestätigt.
Fahndung mit einem „fliegenden Auge“
Doch jetzt haben Astronomen dieses primordiale Molekül endlich aufgespürt. Güsten und seinem Team gelang dies mithilfe des Flugzeug-Teleskops SOFIA. Dieses besitzt ein Spektrometer, mit dem die charakteristische Spektrallinie des Heliumhydrids bei 2,01 Terahertz detektiert werden kann. Weil die untere Erdatmosphäre für diese Strahlung nicht durchlässig ist, stieg das Teleskop-Flugzeug in 13 bis 14 Kilometer Höhe auf.
Die Astronomen richteten das Teleskop-Auge auf den rund 3.000 Lichtjahre entfernten Planetarischen Nebel NGC 7027. Dieser Überrest eines sterbenden Sterns besteht aus einem extrem heißen und sehr leuchtstarken Weißen Zwerg und einer relativ kompakten Hülle von ausgestoßenen Gasen. In dieser Gashülle herrschen die Bedingungen, bei denen sich den Modellen zufolge das Heliumhydrid bilden soll.
Nachweis endlich geglückt
Und tatsächlich: Das Terahertz-Spektrometer von SOFIA detektierte das lange gesuchte Signal des Heliumhydrids in den Gasen von NGC 7027. Bei einer Wellenlänge von 149 Mikrometern – dies entspricht der Frequenz von 2,01 Terahertz – war die Spektrallinie des Heliumhydrids deutlich zu erkennen. Wie erhofft, war das Molekül am Innenrand der heißen, von starker Strahlung durchströmten Gaswolke dieses Nebels gebildet worden.
„Der eindeutige Nachweis dieses Moleküls bringt eine jahrzehntelange Suche zu einem glücklichen Ende“, konstatieren die Forscher. Gleichzeitig bestätigt der Nachweis nun auch, dass die Vorstellungen zu den Mechanismen der Entstehung und Zerstörung von Molekülen im Universum korrekt sind. (Nature, 2019: doi: 10.1038/s41586-019-1090-x)
Quelle: Nature, Max-Plamnck-Institut für Radioastronomie