Mysteriöses Himmelsleuchten: Bisher war unklar, wie das Aurora-Phänomen „STEVE“ entsteht, doch jetzt könnten Forscher das Rätsel gelöst haben. Demnach ist der Bogen aus rötlichem Licht kein echtes Polarlicht, sondern geht auf thermische Prozesse in der Ionosphäre zurück. Der grünliche „Lattenzaun“, der einige STEVE-Ereignisse begleitet, entsteht dagegen wie ein Polarlicht durch Teilchen-Einströme in die obere Atmosphäre, wie die Wissenschaftler berichten.
Das Leuchtphänomen STEVE sorgt schon seit einigen Jahren für Rätselraten. Denn dieser schmale, aber tausende von Kilometer lange Streifen aus rötlichem Licht passt nicht ins Schema der normalen Polarlichter. Er erscheint außerhalb des klassischen Polarlichtovals, erstreckt sich in Ost-West-Richtung und scheint nicht direkt auf Wechselwirkungen von Sonnenstürmen mit dem Erdmagnetfeld zurückzugehen. Ob STEVE dennoch eine Aurora-Variante ist oder nicht, war daher bisher strittig.
Lichtbogen mit „Lattenzaun“
Merkwürdig auch: Manche STEVE-Erscheinungen werden von einer zweiten Form des Himmelslichts begleitet, dem „Lattenzaun“ (Picket Fence). Diese grünlich leuchtenden, senkrechten Streifen treten meist südlich des rötlichen Bogens auf. Warum jedoch diese Streifen nur bei manchen STEVE-Ereignissen sichtbar werden und wie sie mit ihm zusammenhängen, ist noch unbekannt. Auch in welcher Höhe diese Phänomene auftreten, blieb bislang unklar.
Einige Rätsel um STEVE und den „Lattenzaun“ könnten nun Toshi Nishimura von der Boston University und seine Kollegen gelöst haben. Für ihre Studie hatten sie die Daten der Themis- und Swarm-Raumsonden der NASA ausgewertet, die diese während dreier STEVE-Ereignisse gesammelt hatten. Bei einem davon trat ein „Lattenzaun“ auf, was erstmals einen Einblick in diese Begleiterscheinung gab.
STEVE: Reibungshitze in der Ionosphäre
Es zeigte sich: STEVE und der „Lattenzaun“ treten zwar gemeinsam auf, gehen aber auf unterschiedliche Prozesse zurück. „STEVE ist mit schnellen Plasmaströmen, scharfen Plasmagrenzen und intensiven Wellen in rund 25.000 Kilometern Höhe verknüpft“, berichten die Forscher. Das rötliche Leuchten wird dabei jedoch nicht von Teilchenströmen erzeugt, sondern entsteht durch eine Art Reibungshitze in der Ionosphäre.
Damit ist der typische rötliche Bogen des STEVE-Phänomens keine echte Aurora. „Eine Aurora ist durch einen Teilcheneinstrom gekennzeichnet – Protonen und Elektronen, die in unsere Atmosphäre fallen“, erklärt Koautorin Bea Gallardo-Lacourt von der University of Calgary. „Das atmosphärische Leuchten von STEVE dagegen geht auf eine Erhitzung ohne Teilchenregen zurück.“ Die neuen Ergebnisse bestätigen damit den früheren Verdacht der Forscher, dass es sich bei STEVE eher um eine Airglow-Variante als eine Aurora handelt.
„Lattenzaun“: Elektronenregen auf beide Erdhalbkugeln
Anders dagegen der „Lattenzaun“: Während der grünen, senkrechten Lichtstreifen registrierten die Satelliten einen starken Einstrom von schnellen Elektronen aus dem Weltraum in die obere Atmosphäre. „Dieser Elektroneneinstrom ähnelt den Elektronenschüben, die man auch im Polarlichtoval beobachtet“, so die Forscher. „Er könnte daher die Triebkraft für das Lattenzaun-Phänomen sein.“ Dann jedoch wäre diese grünliche Begleiterscheinung von STEVE eine Sonderform der Aurora.
Allerdings: Beim „Lattenzaun“ treffen die energiereichen Elektronen deutlich näher am Äquator auf die Atmosphäre als bei den typischen Polarlichtern. Dadurch ist dieses Leuchtphänomen nicht auf die Polargebiete beschränkt und tritt zudem gleichzeitig auf beiden Erdhalbkugeln auf. „Das ist wirklich einzigartig“, sagt Gallardo-Lacourt.
Noch sind zwar längst nicht alle Geheimnisse von STEVE und seinen Begleiterscheinungen gelüftet, aber die aktuellen Ergebnisse geben zumindest erste Hinweise auf die Natur dieser Leuchtphänomene. (Geophysical Research Letters, 2019: doi: 10.1029/2019GL082460)
Quelle: American Geophysical Union