Mysteriöses Phänomen: Der Leidenfrost-Effekt lässt nicht nur Tropfen über heißen Platten schweben, er erzeugt manchmal auch ein knackendes Geräusch. Warum, war seit gut 250 Jahren ungeklärt. Jetzt haben Physiker das Geheimnis der knackenden Tropfen gelüftet. Wie sie im Experiment herausfanden, explodieren die schwebenden Tropfen ab einer bestimmten Größe – und geben dabei das Knacken von sich.
Über dieses Phänomen staunte schon vor mehr als 250 Jahren der deutsche Mediziner Johann Gottlob Leidenfrost: Wenn man Tropfen einer Flüssigkeit auf eine sehr heiße Platte gibt, verdampfen sie nicht einfach, sondern beginnen, über die heiße Oberfläche zu tanzen. Der Grund: Wenn die Temperatur über einem bestimmten Wert liegt, bildet sich unter dem Tropfen eine dünne Dampfschicht, auf der der Tropfen schwebt. Beim Wasser ist dies ab rund 195 Grad der Fall.
Fliegende Tropfen und mysteriöse Knackgeräusche
Dieses Umherschweben dauert jedoch nicht ewig: Weil nach und nach immer mehr Flüssigkeit verdampft, wird der Tropfen immer kleiner. Unterhalb eines bestimmten Radius springt er dann plötzlich in die Höhe und verschwindet schließlich komplett – das haben Forscher erst vor wenigen Jahren durch Experimente herausgefunden. Unklar blieb dabei jedoch, ob alle schwebenden Tropfen auf die gleiche Weise enden.
Merkwürdig auch: Manchmal ertönt beim Verschwinden der Leidenfrost-Tropfen ein hörbares Knacken. Schon Leidenfrost berichtete im Jahr 1756 von diesem Phänomen, hatte dafür jedoch keine Erklärung. Und auch seither hat offenbar niemand dieses Rätsel gelöst: „Wir konnten in der Literatur keine Versuche dazu finden, die Quelle dieses Knackens zu erklären“, berichten Varghese Mathai von der Brown University in Providence und seine Kollegen.
Um das Geheimnis der „knackenden“ Leidenfrost-Tropfen zu lüften, ließen die Forscher Tropfen aus hochreinem Ethanol auf eine heiße Quarzplatte fallen. Was dann geschah, zeichneten sie mit einer Highspeed-Kamera und hochsensiblen Mikrophonen auf.
Explosion statt Höhenflug
Die Aufnahmen enthüllten Überraschendes. Denn keineswegs alle Tropfen fliegen in die Höhe und verdampfen einfach, wie zuvor angenommen. Stattdessen kommt es bei größeren Tropfen ab etwa einem Millimeter Größe zu einem anderen Ende des Leidenfrost-Schwebens: Sie nehmen zunächst stetig an Volumen ab, bis sie dann mit einem hörbaren Knacken explodieren, wie die Forscher berichten.
„Das beantwortet die 250 Jahre alte Frage danach, was dieses knackende Geräusch verursacht“, sagt Mathai. „In allen Experimenten war dieses Knacken immer dann zu hören, wenn der Tropfen explodierte. Damit ist diese fundamentale Frage beantwortet.“ Die Explosion und das Knacken traten dabei sowohl bei Tropfen aus Ethanol als auch aus Wasser, Methanol, Butanol und Aceton auf, wie die Tests ergaben.
Verunreinigungen als Auslöser
Doch was bringt diese Tropfen zur Explosion? Und warum enden nur einige Tropfen auf diese Weise und nicht alle? „Wir vermuten, dass der mögliche Grund für die beiden unterschiedlichen Entwicklungen in der Menge an Verunreinigungen in den Tropfen liegt“, erklären die Forscher. Zwar waren in ihrem ersten Versuch alle Tropfen aus dem gleichen hochreinen Ethanol, aber selbst bei diesem kommen winzige Mengen an Kontaminationen vor. Größere Tropfen enthalten dabei mehr Flüssigkeit und damit auch mehr Schwebpartikel.
Und genau darin liegt die Erklärung: Wenn die Tropfen beim Schweben allmählich schrumpfen, weil immer mehr Flüssigkeit verdampft, steigt die Konzentration der Verunreinigungen. Ab einem bestimmten Punkt sammeln sich so viele Partikel an der Außenhülle des Tropfens, dass sie das Verdampfen stören. Die Folge: Der Dampfteppich unter dem Tropfen bricht zusammen und dieser berührt die heiße Oberfläche – und explodiert beim Kontakt.
Dieser Zusammenhang bestätigte sich, als die Forscher Experimente mit Tropfen unterschiedlicher Kontaminationsgrade durchführten. Je mehr Partikel in der Flüssigkeit gelöst waren, desto eher explodierte der Tropfen statt einfach nur hochzuschnellen und zu verdampfen.
Gesetzmäßigkeit identifiziert
„Damit haben wir gezeigt, dass sowohl die anfängliche Größe des Tropfens als auch der Grad der Kontamination über das Schicksal eines Leidenfrost-Tropfens entscheiden“, konstatieren Mathai und seine Kollegen. „Große Tropfen explodieren und kleine heben im finalen Stadium ab.“ Der Radius, bei dem sich diese Wege trennen, hängt in Form eines festen Quotienten vom Anteil der Verunreinigungen in der Flüssigkeit ab, wie die Forscher berichten.
Damit ist das Rätsel der explodierenden Leidenfrost-Tropfen gelöst. Gleichzeitig jedoch liefern die neuen Erkenntnisse auch ganz praktische Informationen: Mit dem Wissen um den Zusammenhang von Verunreinigungen und Tropfengröße könnte man zum Beispiel die Reinheit von Flüssigkeiten sehr einfach testen. „Man kann die Verunreinigungen aber auch nutzen, um die Lebenszeit eines Leidenfrost-Tropfens gezielt zu beeinflussen“, sagt Mathai. (Science Advances, 2019; doi: 10.1126/sciadv.aav8081)
Quelle: Brown University