Beunruhigende Entdeckung: Die neu eingeschleppte Tropenzecke Hyalomma hat offenbar erfolgreich in Deutschland überwintert. Darauf deuten die ersten Zeckenfunde dieses Jahres hin. Demnach sind die potenziellen Krankheitsüberträger so früh bei uns aufgetaucht, dass sie anders als im Vorjahr nicht von Zugvögeln eingeschleppt worden sein können. Damit sind die Blutsauger zwar noch nicht zwangsläufig bei uns heimisch geworden – doch die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich etablieren, steigt.
Die steigenden Temperaturen durch den Klimawandel locken zunehmend Exoten in unsere Breitengrade: Arten, die eigentlich in tropischen Gefilden heimisch sind, finden inzwischen in Europa und Deutschland geeignete Lebensbedingungen vor. Dies gilt auch für Blutsauger wie Zecken, die zum Beispiel von heimkehrenden Zugvögeln eingeschleppt werden können – und dann womöglich dauerhaft bleiben.
Im vergangenen Jahr fanden Forscher erstmals einen bei uns bisher unbekannten Vertreter dieser Spinnentiere: die Tropenzecke Hyalomma. Die beiden Arten Hyalomma marginatum und Hyalomma rufipes stammen ursprünglich aus Afrika, Asien und Südeuropa, scheinen sich nun aber vermehrt in Deutschland auszubreiten. Mit dieser Invasion ist ein potenzielles Gesundheitsrisiko verbunden, denn die Zecken können gefährliche Infektionskrankheiten wie das Fleckfieber übertragen.
Sechs neue Funde
Nun haben Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim und ihre Kollegen eine beunruhigende Entdeckung gemacht: Die neu eingewanderten Zecken haben offenbar zum ersten Mal auch bei uns überwintert. Zu dieser Schlussfolgerung führten die Wissenschaftler die ersten Hyalomma-Nachweise dieses Jahres – fünf auf einem Pferdehof in Nordrhein-Westfalen gefundene Zecken sowie ein auf einem Pferd in Niedersachsen entdecktes Tier. Alle sechs Exemplare gehören wahrscheinlich der Spezies Hyalomma marginatum an.
Während die letzten Vertreter dieser Art vermutlich durch Zugvögel nach Deutschland gebracht wurden, kann dies nach Ansicht des Forscherteams diesmal nicht der Fall gewesen sein. „Die Jugendstadien der Zecken, die Larven und Nymphen, sind oft an Zugvögeln zu finden“, erklärt Mackenstedt. Doch die jetzt gefundenen Tiere seien relativ früh im Jahr aufgetaucht. „Wenn man den Entwicklungszyklus zurückrechnet, hätten sie also zu einem Zeitpunkt eingeschleppt werden müssen, als die Zugvögel noch gar nicht da waren“, so die Parasitologin.
Schon heimisch?
Was bedeutet diese Beobachtung nun? Sind die Tropenzecken bereits bei uns heimisch geworden? Nicht unbedingt, sagt Mackenstedt: „Damit sich eine Population entwickeln kann, müssten sich Männchen und Weibchen finden. Das ist bei geringer Populationsgröße schwierig. Zudem müssten sich Larven und Nymphen entwickeln, die Vögel oder auch Hasen als Wirt benötigen. Ob und wie das hier funktioniert, wissen wir noch nicht.“
Allerdings: Der Fund von fünf Hyalomma-Zecken auf einem einzelnen Pferdehof legt den Wissenschaftlern zufolge zumindest nahe, dass dort mehrere Individuen gleichzeitig vorhanden waren – und somit die Möglichkeit einer Paarung und des Entstehens einer eigenständigen Population besteht. Inwieweit es den exotischen Spinnentieren tatsächlich gelingt, sich in der Bundesrepublik zu etablieren, werden Mackenstedt und ihre Kollegen daher in Zukunft weiter beobachten.
Quelle: Universität Hohenheim