Langsamer als andere Sterne: Unsere Sonne war in ihrer Jugend offenbar weniger aktiv und schnelldrehend als viele andere Jungsterne. Indizien dafür haben Astronomen im Natrium- und Kaliumgehalt des Mondgesteins gefunden. Demnach benötigte die junge Sonne in ihrer ersten Milliarde Jahren rund neun bis zehn Tage für eine Umdrehung – sie gehörte damit eher zu den langsamen Sternen. Doch erst das könnte die frühe Erde lebensfreundlich gemacht haben.
Als unsere Sonne vor rund 4,6 Milliarden Jahren entstand, war sie noch deutlich unruhiger und aktiver als heute. Wie für junge Sterne typisch, schleuderte sie immer wieder große Mengen an Strahlung und Plasma ins All hinaus – und prägte damit auch die Entwicklung der Planeten. So könnte der Mars in dieser Zeit einen Großteil seiner Atmosphäre und seines Wassers verloren haben, während die Erde – geschützt von ihrem stärkeren Magnetfeld – diese Phase weitgehend unbeschadet überstand.
Wie schnell rotierte die junge Sonne?
Doch eine Frage ist bislang weitgehend ungeklärt: Wie schnell rotierte die junge Sonne? „Wir wissen nicht, wie die Sonne in ihrer ersten Milliarde Jahre aussah, aber gerade das ist enorm wichtig“, erklärt Prabal Saxena vom Goddard Space Flight Center der NASA. Denn die Rotationsgeschwindigkeit eines Sterns beeinflusst sein Magnetfeld und damit auch die Stärke und Häufigkeit von solaren Ausbrüchen.
Aus Beobachtungen anderer Sterne ist bekannt, dass schnell rotierende Sterne aktiver sind als langsamere – und dass junge Sterne sich schneller drehen als ältere. Das Problem jedoch: Ob die junge Sonne zu den eher schnellen oder langsamen Vertretern ihrer Gattung gehörte, können Astronomen bisher nur vermuten. Es fehlt schlicht an eindeutigen Belegen.
Mondgestein als Zeitmaschine
Jetzt jedoch könnten Saxena und ihr Team eine Art Zeitmaschine in die Ära der frühen Sonne gefunden haben. Sie stießen darauf, als sie für eine andere Studie die Zusammensetzung von Mondgestein der Apollomissionen analysierten. Typisch für dieses Gestein ist ein deutlich geringerer Gehalt an Natrium und Kalium im Vergleich zu irdischen Krustengesteinen.
Der Clou daran: Die Menge dieser eher flüchtigen Elemente im Mondregolith wird nicht nur vom Gesteinstyp beeinflusst, sondern auch von Umwelteinflüssen – darunter auch der erodierenden Wirkung von Sonnenstürmen. Trifft ein solcher Plasmastrom die ungeschützte Mondoberfläche, reißen die energiereichen Teilchen vermehrt leichtere Elemente mit sich zurück ins All.
An diesem Punkt setzen Saxena und ihr Team mit ihrer Studie an: Sie rekonstruierten in einer Modellsimulation, wie stark und häufig die Sonnenstürme in der Frühzeit des Sonnensystems gewesen sein müssen, um den anfangs erdähnlichen Gehalt an Natrium und Kalium der Mondkruste auf heutige Werte zu verringern. Dabei berücksichtigen die Forscher auch weitere Einflussfaktoren wie Meteoriteneinschläge, Vulkanausbrüche und Einflüsse des Magnetfelds.
Zehn Tage für eine Umdrehung
Das Ergebnis: Wäre die Sonne ein schnell rotierender Stern gewesen, hätten ihre starken Ausbrüche nahezu alles Natrium und Kalium aus der ungeschützten Mondkruste herausreißen müssen. „Die Sonne hätte dann mindestens zehnmal pro Tag heftige Superflares produziert“, berichtet Saxena. „Selbst das Magnetfeld der Erde wäre dann nicht mehr stark genug gewesen, um diese zu schützen. Der Luftdruck der Erde wäre so stark gesunken, dass der Planet sein Wasser verloren hätte.“ Das aber war nicht der Fall.
Stattdessen deuten die Elementgehalte im Mondregolith daraufhin, dass die Sonne eher langsam rotierte und entsprechend ruhiger war. Nach Berechnungen der Astronomen benötigte unser Stern in seiner ersten Milliarde Jahren rund neun bis zehn Tage für eine Umdrehung. Damit gehörte unsere Sonne eher zu den „Bummelanten“ unter den Jungsternen, wie Saxena und ihr Team erklären. Seither hat sich das Rotationstempo noch weiter verringert: Heute benötigt die Sonne rund 45 Tage für einen Umlauf.
Noch mehr Mondproben nötig
Noch allerdings haben die Ergebnisse von Saxena und ihrem Team einen großen Haken: Sie beruhen auf den Natrium- und Kaliumwerten der wenigen Gesteinsbrocken, die Apollo-Astronauten vor fast 50 Jahren vom Mond zurückbrachten. Diese jedoch stammen von nur wenigen Stellen nahe dem Mondäquator, die zudem nicht zu den ältesten Gebieten der Mondkruste gehören.
Eine Chance auf genauere Werte könnten jedoch die bevorstehenden bemannten Mondmissionen geben. Die NASA plant, bereits im Jahr 2024 erste Astronauten im lunaren Südpolargebiet landen zu lassen. In den dortigen Kratern vermuten Planetenforscher nicht nur Wassereis, sondern auch besonders altes, gut erhaltenes Mondgestein. In ihm könnte die Signatur der jungen Sonne daher noch klarer erkennbar sein, so die Hoffnung von Saxena und ihrem Team. „Der Wert von Proben aus unterschiedlichen Regionen des Mondes ist offensichtlich“, konstatieren sie. (The Astrophysical Journal Letters, 2019; doi: 10.3847/2041-8213/ab18fb)
Quelle: NASA/GSFC