Biochemie

Pilz produziert hochwirksame Tenside

Neu entdeckte Naturstoffe könnten sich für Waschmittel sowie medizinische Zwecke eignen

Mortierella alpina
Die Wissenschaftler untersuchen eine Pilzkultur des Tensid-Produzenten Mortierella alpina. © Jan-Peter Kasper/ FSU

Aus der Fabrik der Natur: Forscher haben in einem Bodenpilz eine bisher unbekannte Gruppe von Naturstoffen entdeckt. Der Pilz produziert in großen Mengen natürliche Tenside, die sogar eine stärkere Waschwirkung haben als einige gängige Seifen. Doch das ist noch nicht alles: Ihre Eigenschaften machen die Naturstoffe möglicherweise auch für pharmakologische Anwendungen interessant.

Ob zum Bierbrauen oder zur Produktion medizinischer Wirkstoffe wie Insulin – Pilze können für eine Vielzahl nützlicher Zwecke eingesetzt werden. So auch die zu den Jochpilzen gehörende Spezies Mortierella alpina: Der in alpinen und arktischen Regionen heimische Pilz wird bisher genutzt, um langkettige Fettsäuren wie die sogenannte Arachidonsäure zu produzieren. Diese Stoffe werden als Nahrungsergänzung zum Beispiel Babynahrung zugesetzt.

Doch wie Florian Baldeweg von der Friedrich-Schiller-Universität Jena und seine Kollegen nun herausgefunden haben, kann Mortierella alpina noch mehr: Offenbar produziert der Bodenpilz eine Gruppe bisher völlig unbekannter Tenside – waschaktive Substanzen, die unter anderem in Shampoos, Handseifen und Geschirrspülmitteln enthalten sind.

Wirksamer als gängige Inhaltsstoffe

Dass Mortierella alpina solche Stoffe produziert, stellten die Wissenschaftler fest, als sie versuchten, kleine Peptide aus dem Pilz chemisch aufzureinigen. „Schon kleinste Mengen bildeten eine regelrechte Schaumkrone auf dem Probengefäß“, berichtet Baldeweg. Was hatte es mit diesen Peptiden auf sich?

Mithilfe weiterer Untersuchungen entschlüsselten die Forscher Struktur und Eigenschaften der Substanzen. Wie sie berichten, handelt es sich bei den natürlichen Tensiden um Malpinine. Das Besondere: Die von dem Pilz in großen Mengen hergestellten Stoffe übersteigen in ihrer Tensidwirkung sogar das Natriumdodecylsulfat (SDS), das in vielen gängigen Waschmitteln enthalten ist.

Potenzial für pharmakologische Anwendungen?

Die Naturstoffe aus dem Pilz könnten sich jedoch für weit mehr als nur die Entwicklung neuer Waschmittel eignen. Baldeweg und sein Team interessiert vor allem das Potenzial der Malpinine für pharmakologische Anwendungen. Denn wie sie betonen, lassen sich mithilfe von Tensiden nicht nur Öl und Wasser miteinander mischen.

„Es können auch biologische Membranen, die zu einem Großteil aus Fetten bestehen, für Substanzen durchlässig gemacht werden“, erklärt Baldewegs Kollege Markus Greßler. Dies ermögliche es beispielsweise, Arzneistoffe im Körper gezielt durch Zellmembranen zu schleusen.

Weitere interessante Naturstoffe

Für die Wissenschaftler legen die neu entdeckten Tenside nahe, dass niedere Pilze wie Mortierella alpina als Naturstoff-Produzenten bisher womöglich unterschätzt wurden. „Genetische Untersuchungen am Erbgut dieses Pilzes haben gezeigt, dass er noch viel mehr Naturstoffe produzieren kann, die Malpinine sind lediglich eine kleine Gruppe davon“, schließt Greßler. (Organic Letters, 2019; doi: 10.1021/acs.orglett.9b00193)

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena

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