Evolution

Urvater des Weißen Hais aufgespürt

Megalodon und Weißer Hai gehen auf einen eher unscheinbaren Vorfahren zurück

Palaeocarcharias stromeri
Er ist der Urvater von Weißem Hai und Megalodon: 150 Millionen Jahre altes Fossil des knapp einen Meter großen Urhais Palaeocarcharias stromeri. © Jürgen Kriwet

Bescheidene Anfänge: Die größten Raubfische der Erde gehen auf einen ziemlich kleinen, eher trägen Urzeitfisch zurück, wie nun Paläontologen herausgefunden haben. Denn Makohaie, Weiße Haie und der ausgestorbene Riesenhai Megalodon stammen von einer nur einen Meter langen, eher trägen Haiart ab, die vor rund 165 Millionen Jahren lebte. Indizien für diese Abstammung lieferte die einzigartige Zahnstruktur dieser Raubfische.

Haie gehören zu den Top-Prädatoren der Ozeane – und zu den ältesten Tiergruppen der Erde. Schon in der Zeit der Dinosaurier durchpflügten die Vorfahren der Weißen Haie und der Makohaie die Meere auf der Suche nach Beute. In die gleiche Gruppe der Haie, die sogenannten Makrelenhaiartigen (Lamniformes), gehörte auch der inzwischen ausgestorbene Riesenhai Carcharocles megalodon – er war der größte Hai, der jemals durch die Ozeane schwamm.

Einzigartige Zähne

Doch wer war der Urvater von Megalodon, Weißem Hai und Co? Die ältesten durch Fossilien abgesicherten Vertreter dieser Haigruppe stammen aus der späten Kreidezeit. Die eigentlichen Wurzeln der Lamniformes jedoch lagen im Dunkeln – bis jetzt. Denn Patrick Jambura von der Universität Wien und seine Kollegen haben nun einen möglichen Urahn der Makrelenhaiartigen ausfindig gemacht.

Auf die Spur kamen die Forscher dem Urhai über die einzigartigen Zähne von Weißem Hai und Co. Denn im Gegensatz zu anderen Haien besitzen die Beißer dieser Raubfische keine hohle, von kompaktem Dentin ummantelte Wurzelhöhle. Stattdessen ist ihr gesamter Zahn von einer porösen, knochenähnlichen Dentinvariante ausgefüllt, dem Osteodentin. Diese Struktur ist nicht nur für Haie ungewöhnlich, sie ist auch im gesamten Tierreich einzigartig, wie Jambura und seine Kollegen erklären.

Urzeithai
Zahnaufbau von Weißem Hai und dem 160 Millionen Jahren alten Palaeocarcharias stromeri. © Patrick L. Jambura

Rätselfisch aus dem Plattenkalk

Das Spannende daran: Diese einzigartige Zahnstruktur findet sich auch bei einem Hai aus dem mittleren Jura, wie die Paläontologen nun entdeckt haben. Fossilien des Urhais Palaeocarcharias stromeri wurden im 150 Millionen Jahre alten Solnhofer Plattenkalk gefunden, einzelne Zähne dieser Haiart sind sogar schon 165 Millionen Jahre alt. Diese nur einen Meter lange Haiart lebte am Grund flacher Meeresgebiete und ernährte sich dort wahrscheinlich von kleinen Fischen, die er mit seinen dolchartigen Zähnen aufspießte.

Bisher jedoch war unklar, zu welcher Haigruppe dieser Urzeit-Raubfisch gehört. Jetzt enthüllen Analysen der Zahnstruktur mithilfe der Micro-Tomografie: Palaeocarcharias stromeri besaß die gleichen Zähne wie der Weiße Hai oder Megalodon. Auch seine Wurzelhöhle war komplett mit Osteodentin ausgefüllt, wie die Forscher feststellten.

Urvater von Megalodon und Co

„Das spricht dafür, dass Palaeocarcharias stromeri entgegen bisherigen Annahmen zur Ordnung der lamniformen Haie gehörte“, berichten Jambura und sein Team. Damit hat der Weiße Hai, so furchteinflößend er auch heute ist, eher bescheidende Urahnen. Und selbst der gigantische Megalodon geht auf einen gerademal einen Meter kleinen, eher trägen Urzeit-Fisch zurück.

„Es ist amüsant zu sehen, dass selbst dieser gigantische Top-Räuber in der Evolution ganz klein anfing“, sagt Jambura. Gleichzeitig aber bestätigen die neuen Erkenntnisse, dass die Ursprünge dieser Top-Prädatoren der Meere sehr weit zurückreichen. Die Urväter des Weißen Hais lebten demnach schon lange bevor die Tyrannosaurier an Land die Spitze der Nahrungsketten eroberten. (Scientific Reports, 2019; doi: 10.1038/s41598-019-46081-3)

Quelle: Universität Wien

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