Materialforschung

Superhart und doch metallisch leitfähig – neuartiges Material mit Hightech-Perspektiven

Universität Bayreuth

Eine internationale Forschungsgruppe unter der Leitung von Wissenschaftlern der Universität Bayreuth hat ein bislang völlig unbekanntes Material hergestellt: Rhenium-Nitrid-Pernitrid. Infolge einer Kombination von Eigenschaften, die bisher als inkompatibel galten, ist es für technologische Anwendungen hochattraktiv. Es handelt sich um einen superharten metallischen Leiter, der wie ein Diamant extrem hohen Drücken standhält. Ein jetzt entwickeltes Verfahren eröffnet die Möglichkeit, Rhenium-Nitrid-Pernitrid herzustellen, und ist auf weitere technologisch interessante Materialien anwendbar. 

Dass es eine Verbindung geben könnte, die metallisch leitfähig, superhart und ultra-inkompressibel ist, wurde in der Forschung lange Zeit für unwahrscheinlich gehalten. Man glaubte, diese Eigenschaften könnten nicht gleichzeitig in demselben Material vorkommen und seien daher inkompatibel. Dieses Vorurteil widerlegen die jetzt veröffentlichten Forschungsarbeiten, die zwei Entwicklungsstadien in Hamburg und Bayreuth durchlaufen haben:

Zunächst haben die Wissenschaftler das Rhenium-Nitrid-Pernitrid bei Hochdruck-Experimenten in einem Labor der Universität Bayreuth synthetisiert und am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) chemisch und strukturell charakterisiert. Unter einem Kompressionsdruck von 40 bis 90 Gigapascal entstanden in einer Diamantstempelzelle geringe Mengen dieses Materials. Re₂(N₂)(N)₂ lautet die Summenformel. „Die Kristallstruktur, die wir in Hamburg an der Röntgenquelle PETRA III entdeckt haben, hat uns sehr überrascht: Sie enthält einerseits einzelne Stickstoffatome und andererseits die Stickstoffhanteln N-N, in denen zwei Stickstoffatome besonders eng aneinander gebunden sind. Dieser innere Aufbau bewirkt offensichtlich eine sehr hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Drücken, die von außen auf die Kristalle einwirken: Rhenium-Nitrid-Pernitrid ist ultra-inkompressibel“, sagt Dr. Maxim Bykov, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bayerischen Geoinstitut (BGI) der Universität Bayreuth.

Hier am BGI ist es anschließend gelungen, das neue Material in einer Großvolumenpresse bei einem deutlich geringeren Druck (33 Gigapascal) herzustellen. „Anwendungen der Großvolumenpressen-Technologie für die Materialsynthese sind für die Materialwissenschaft von großer Bedeutung“, betont Prof. Dr. Tomoo Katsura vom Bayerischen Geoinstitut. Kern des neuen Verfahrens ist eine Reaktion von Rhenium mit Ammoniumazid. Das auf diesem Weg synthetisierte Rhenium-Nitrid-Pernitrid kann bei normalen Umgebungsbedingungen erforscht werden. Das Verfahren lässt sich für die Synthese von weiteren Nitride anwenden, insbesondere von Nitride der Übergangsmetalle, die ebenfalls technologisch attraktive Eigenschaften aufweisen können. Diese Forschungsarbeiten zeigen daher exemplarisch, welche innovativen Impulse von der materialwissenschaftlichen Hochdruckforschung ausgehen können. „Obwohl der genaue Anwendungsbereich des neuen Materials derzeit schwer zu definieren ist, ist Rhenium-Nitrid-Pernitrid aufgrund seiner außergewöhnlichen Kombination attraktiver Eigenschaften ein Material, das dazu beitragen kann, die technologischen Herausforderungen der Zukunft zu meistern“, sagt Prof. Dr. Natalia Dubrovinskaia vom Labor für Kristallographie der Universität Bayreuth.

„Wichtig an unserer neuen Studie sind aber nicht nur die Ergebnisse als solche und die technologischen Anwendungen, die sich eines Tages daraus ergeben könnten. Spannend ist vor allem, dass die Entwicklung und Synthese des neuen Materials bisherigen Auffassungen, die in der Materialwissenschaft fest etabliert waren, zuwiderläuft und sie klar widerlegt. Uns ist etwas gelungen, was früheren Vorhersagen zufolge gar nicht möglich gewesen wäre. Dies sollte weitere theoretische und experimentelle Arbeiten auf dem Gebiet der Hochdruckmaterialsynthese anregen und ermutigen“, erklärt Prof. Dr. Leonid Dubrovinsky vom Bayerischen Geoinstitut, der zusammen mit Prof. Dr. Natalia Dubrovinskaia die internationalen Forschungsarbeiten koordiniert hat. (Nature Communications (2019); doi: 10.1038/s41467-019-10995-3)

Quelle: Universität Bayreuth

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