Strom zum Selbermachen: Forscher haben einen „Energiesammler“ entwickelt, der Strom aus der normalen Gehbewegung erzeugt. Dafür muss nur ein dünner Streifen aus speziellem Verbundmaterial seitlich am Knie befestigt werden. Das wechselnde Verbiegen und Entspannen des Streifens produziert dann bis zu 1,6 Milliwatt Strom – ohne dass das Gehen beeinträchtigt wird oder mehr Kraft erforderlich ist, wie erste Tests belegen.
Ob Strom aus dem eigenen Schweiß, aus Solarzellen im T-Shirt oder aus der Körperbewegung – Forscher haben inzwischen einige neue Ideen zur tragbaren Energiegewinnnung entwickelt. Diese Technologien sollen künftig kleine Geräte wie Handys, MP3-Player oder Sensor-Armbänder unterwegs mit Strom versorgen und Akkus überflüssig machen. Möglich wird dies durch flexible Elektronik, aber auch durch Materialien, die bei Verformung oder Reibung Strom erzeugen können.
Carbonfaser-Material als Stromgenerator
Eine Methode, aus unserer normalen Gehbewegung Strom zu erzeugen, haben nun Fei Gao und sein Team von der Universität von Hongkong entwickelt. Grundlage ihres Generators bildet ein Carbonfaser-Verbundmaterial, das als dünner Streifen seitlich am Knie befestigt wird. „Das Knie hat einen größeren Bewegungsradius als andere Gelenke wie der Knöchel oder die Hüfte“, erklären die Forscher. Das erhöhe auch die potenzielle Stromausbeute.
Der neue Energiesammler erzeugt Strom durch Verformung: Beugt und streckt man das Kniegelenk beim Laufen, wird der Streifen abwechselnd gestaucht und wieder entspannt. Dies setzt im Materialinneren Energie frei, die als Strom abgeleitet werden kann. „Diese Materialien ernten Energie aus solchen Deformationen“, erklärt Gaos Kollege Wie-Hsin Liao.
Milliwatt ohne Zusatzmühe
Wie gut dies funktioniert, testeten die Forscher mit drei Versuchspersonen, die den rund 300 Gramm schweren Prototyp des Energiesammler auf dem Laufband trugen. Das Ergebnis: Je nach Schritttempo erzeugte das Material zwischen 1,1 und 1,6 Milliwatt – schon bei normalem Gehen. Die produzierte Spannung erreichte bis zu 105 Volt, wie Gao und sein Team berichten.
Das Wichtigste aber: Das Tragen dieses Energiesammlers behindert das Laufen kaum und erfordert keine zusätzliche Muskelanstrengung – zumindest keine messbare. „Es gab keine statistisch signifikanten Unterschiede bei den metabolischen Kosten der Nutzer, wenn diese mit oder ohne den Energiesammler gingen“, berichten die Forscher. „Auf smarten Materialien basierende Energiesammler sind zudem leicht und einfach an- und abzulegen.“
Genug für Sensoren und Co
Nach Ansicht der Wissenschaftler sind solche biomechanischen Energiesammler eine vielversprechende Möglichkeit, Strom für kleine Geräte buchstäblich im Vorübergehen zu erzeugen. „Sich selbstversorgende Geräte würden den Nutzern das umständliche tägliche Laden ersparen“, sagt Liao. „Energiesammler wie der unsrige können die Entwicklung solcher Geräte vorantreiben.“ (Applied Physics Letters, 2019: doi: 10.1063/1.5098962)
Quelle: American Institute of Physics