Sport gegen Gene: Wenn Menschen aufgrund genetischer Veranlagung übergewichtig sind, hilft nicht jede Sportart gleich gut beim Abnehmen. Forscher haben nun fünf Sportarten identifiziert, die besonders effektiv gegen die genbedingten Fettpolster wirken. Mit Abstand am besten ist demnach das Joggen, gefolgt von Bergsteigen, Walking, Standardtanz und Yoga. Weniger gut schnitten überraschenderweise Schwimmen, Fahrradfahren oder Badminton ab.
Übergewicht ist nicht nur eine Frage der Ernährung und der Lebensweise – auch die Gene spielen mit. Forscher kennen inzwischen mehr als 90 Genvarianten, die den Fett- und Zuckerstoffwechsel so beeinflussen, dass die Träger leichter zu dick werden. Zudem ist bekannt, dass überschüssiges Fett das Epigenom verändert und so zusätzlich in die Genaktivität eingreift. Das Abnehmen ist ohnedies ein schwieriges Unterfangen, durch diese Faktoren scheint es jedoch noch stärker erschwert.
Abnehmen trotz „Moppelgenen“
Doch was bedeutet dies für die Betroffenen? Müssen sie ihr Schicksal einfach hinnehmen? Dem ist nicht, wie vor kurzem erst eine große US-Studie belegte. Demnach können Menschen mit vielen „Moppelgenen“ durch eine Diät sogar erfolgreicher abnehmen als nicht erblich vorbelastete Personen. Denn eine gesunde, mäßig kalorienreduzierte Ernährung schlägt bei diesen Menschen sogar besser an.
Wie aber ist es mit Sport? Wie gut verschiedene Sportarten der genetischen Veranlagung zum Dicksein entgegenwirken können, haben nun Wan-Yu Lin von der National Universität Taiwan und sein Team untersucht. „Studien haben gezeigt, dass regelmäßige Bewegung die genetische Prädisposition für Übergewicht abschwächen können“, erklären sie. „Bisher ist es aber unbekannt, welche Sportarten das genetische Risiko beeinflussen.“
18 Sportarten im Vergleich
Für ihre Studie werteten die Forscher Gesundheitsdaten von 18.424 Taiwanesen im Alter von 30 bis 70 Jahren aus. Von allen waren der Body-Mass-Index (BMI), der Körperfettanteil, der Taillen- und Hüftumfang und das Taille-Hüft-Verhältnis bekannt. Im Rahmen einer Studie war zudem das Blut dieser Probanden auf 20 von 97 bekannten Genvarianten für Übergewicht hin analysiert worden. Aus diesen Angaben erstellten die Forscher einen genetischen Risikoindex, der den Grad der Veranlagung bezifferte.
Alle Teilnehmer hatten in Befragungen angegeben, wie oft und wie lange sie welche Sportarten ausüben. Für die 18 häufigsten Sportarten untersuchten die Forscher, wie stark sie zu einer Senkung des BMI und weiterer Gewichtsparameter beitragen. Im Speziellen richteten sie dabei ihr Augenmerk auf die Teilnehmer, die aufgrund ihrer Gene eine erhöhte Neigung zu Übergewicht besaßen. Sie testeten mit statistischen Methoden, welcher Sport dieser genetischen Vorbelastung am besten entgegenwirkte.
Joggen bringt am meisten
Das Ergebnis: Von den 18 Sportarten erwiesen sich Joggen, Bergsteigen, Walken und Standardtanz auf hohem Niveau als beste Gegenspieler der Übergewichtsgene. Auch eine langfristige regelmäßige Praxis von Yoga wirkte sich deutlich positiv aus. Am effektivsten war aber das Joggen: „Das Joggen verringerte nicht nur die genetischen Effekte auf den BMI, sondern auch auf den Körperfettanteil und den Hüftumfang“, berichten Lin und sein Team.
Überraschend waren dagegen die Ergebnisse zu einigen anderen Sportarten: Fahrradfahren, Schwimmen, Tennis oder Badminton trugen zwar allgemein dazu bei, den BMI zu senken. Bei den Teilnehmern mit genetischer Vorbelastung war der Effekt aber deutlich geringer, wie die Forscher berichten. Allerdings: Ob dies vielleicht daran liegt, dass diese Sportarten weniger häufig von Übergewichtigen mit entsprechender Veranlagung ausgeübt werden, sagt die Studie nicht.
Gene sind keine Ausrede
Immerhin eines aber zeigen die Studie deutlich: Wenn es ums Übergewicht geht, sind die Gene kein unveränderliches Schicksal. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die genetischen Einflüsse auf das Körpergewicht durch Sport vermindert werden können – wenn auch in unterschiedlich starkem Ausmaß“, konstatieren die Forscher. „Gerade bei Menschen mit einer genetischen Veranlagung zu Übergewicht machen sich die Vorteile regelmäßiger Bewegung besonders stark bemerkbar.“
Das bedeutet: Wer erblich vorbelastet ist, sollte erst recht aktiv werden. Die Anstrengung lohnt sich – und es gibt einen positiven Nebeneffekt, wie kürzlich eine Studie ergab: Sport regelt das Hungergefühl herunter. (PLoS Genetics, 2019; doi: 10.1371/journal.pgen.1008277)
Quelle: PLOS