Paläontologie

Forscher entdecken größten Papagei der Welt

Urzeit-Papagei war einen Meter groß und könnte ein Fleischfresser gewesen sein

Heracles inexpectatus
Gegen ihn wirken die kleinen Spatzenvögel zu seinen Füßen wie Ameisen: So könnte der neuentdeckte Riesen-Papagei Heracles inexpectatus zu Lebzeiten ausgesehen haben. © Brian Choo/ Flinders University

Spektakulärer Fund: Paläontologen haben in Neuseeland den bisher einzigen und größten Riesen-Papagei der Welt entdeckt – als Fossil. Der rund einen Meter große Vogel lebte demnach vor 16 bis 19 Millionen Jahren und war doppelt so schwer wie der größte heute lebende Papagei, wie die Forscher im Fachmagazin „Biology Letters“ berichten. Mit seinem mächtigen Schnabel könnte der Heracles inexpectatus getaufte Riesen-Papagei vielleicht sogar andere Vögel getötet und gefressen haben.

Als die ersten Maori vor gut tausend Jahren Neuseeland erreichten, begegneten sie gewaltigen, zweieinhalb Meter großen Laufvögeln – den Moas. Diese heute ausgerotteten Riesenvögel sind ähnlich wie die Dodos auf Mauritius klassische Beispiele für den Insel-Gigantismus der Vögel: Sie entwickelten dort ungewöhnliche große Formen, weil wegen der Isolation der Inseln große Raubtiere fehlten. Auf Neuseeland existierte vor allem im frühen Miozän, vor 16 bis 19 Millionen Jahren, eine ganze Schar verschiedener Riesenvögel, wie Fossilfunde belegen.

„Nicht nur Moas dominierten die Vogelwelt. Am Waldboden liefen auch riesenhafte Gänse und der kranichähnliche Aptornis umher, während am Himmel ein Riesenadler die Lüfte regierte“, erklärt Trevor Worthy von der Flinders University in Australien.

Größenverrgleich
Größenvergleich von Elster, Mensch und dem Riesen-Papagei Heracles inexpectatus. © Paul Scofield/ Canterbury Museum

Ein Papagei von einem Meter Größe

Jetzt haben Worthy und sein Team einen weiteren, unerwarteten Vertreter der neuseeländischen Riesen-Vögel entdeckt. In der bekannten Fossil-Lagerstätte St Bathans im Süden der neuseeländischen Südinsel stießen sie auf zwei Unterschenkelknochen, die sich keinem der bereits bekannten Urzeit-Vögel zuordnen ließen. Die 16 bis 19 Millionen Jahre alten Knochen zeigten stattdessen mehrere typische Merkmale der Papageienvögel.

„Wir schließen daraus, dass diese Fossilien von einem Papagei stammen müssen“, berichten Worthy und seine Kollegen. Aus den Maßen der Beinknochen schließen sie, dass die neuentdeckte Papageienart einen Meter groß gewesen sein muss und rund sieben Kilogramm wog. Damit war dieser Vogel etwa doppelt so groß und schwer wie der neuseeländische Kakapo, der größte heute lebende Papagei.

Erster Beleg für Gigantismus bei Papageien

„Bis jetzt hat noch nie jemand einen ausgestorbenen Riesen-Papagei gefunden – nirgendwo“, sagt Worthy. Weil dieser Fund sowohl groß als auch völlig unerwartet war, tauften die Forscher die neuntdeckte Vogelart Heracles inexpectatus. „Dieser Riesen-Papagei demonstriert, dass auch die Papageien nun zur wachsenden Gruppe der Vogelarten gehören, die auf Inseln einen Gigantismus entwickeln können“, konstatieren die Paläontologen.

Die Gegend, in der der Riesen-Papagei lebte, war im Miozän von einem artenreichen subtropischen Wald bedeckt. In diesem tummelten sich neben mehr als 40 Vogelarten auch Schildkröten, Krokodile, Fledermäuse und andere Säugetiere, wie Fossilfunde verraten. Palmen, Steineiben und andere Bäume lieferten mit ihren Früchten vermutlich reiche Nahrung für den Riesen-Papagei und seine Zeitgenossen.

War Heracles ein Fleischfresser?

Doch wie genau Heracles aussah, ob er fliegen konnte und wie er lebte, ist noch unbekannt. Denn bisher haben die Forscher trotz des Fossilreichtums der Fundstätte nur die Überreste eines einzigen Exemplars dieses Riesen-Papageis entdeckt. Das könnte darauf hindeuten, dass Heracles auch zu Lebzeiten keine sehr häufige Spezies war. „Seine Seltenheit in dieser Lagerstätte ist etwas, was wir erwarten würden, wenn Heracles weiter oben in der Nahrungskette stand“, erklärt Koautor Mike Archer von der University of New South Wales in Sydney.

Das aber bedeutet, dass der Riesen-Papagei seinen mächtigen Schnabel möglicherweise nicht nur zum Knacken von Fruchtschalen einsetzt: „Er könnte auch etwas anderes als die klassische Papageienkost gefressen haben – vielleicht sogar andere Papageien“, sagt Archer. Denn gerade Papageien seien für ihre Anpassungsfähigkeit in Sachen Futter bekannt. „Die neuseeländischen Keas beispielsweise haben seit der Einführung der Schafe durch die europäischen Siedler im Jahr 1773 einen Geschmack für Schaffleisch entwickelt“, erklärt der Paläontologe.

Weitere Fossilien nötig

Ob der Riesen-Papagei tatsächlich auch Fleisch fraß oder sogar ein Raubvogel war, ist allerdings bisher reine Spekulation. Seine Lebensweise und Ernährungsgewohnheiten werden sich erst klären lassen, wenn die Paläontologen weitere, vollständigere Fossilien dieses Riesenvogels gefunden haben. Worthy und sein Team schließen aber auch nicht aus, dass sich unter den Fossilien von St Bathans neben dem Riesen-Papagei noch weitere Überraschungen verbergen:

„Heracles ist einer der spektakulärsten Vögel, die wir dort gefunden haben“, sagt Worthy. „Aber ohne Zweifel gibt es in dieser interessanten Lagerstätte noch viele weitere unerwartete Arten zu entdecken.“ (Royal Society Biology Letters, 2019; doi: 10.1098/rsbl.2019.0467)

Quelle: Flinders University

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