Über 100 Jahre ist es her, dass Protonen und Elektronen als Bausteine der Materie entdeckt wurden und dass Niels Bohr sein Atommodell vorschlug, in dem die negativ geladenen Elektronen um einen positiv geladenen Kern mit Protonen flitzen. Seither schieben Forscher die Grenzen des Erforschbaren unablässig weiter hinaus, indem sie immer leistungsstärkere Teilchenbeschleuniger bauen, die neue Einblicke in den fundamentalen Aufbau der Materie ermöglichen.
Drei Quarks und die starke Wechselwirkung
Dennoch sind Forscher weit davon entfernt, erklären zu können, wie Elementarteilchen all die festen, flüssigen und gasförmigen Stoffe bilden, die uns umgeben. „Wir wissen inzwischen, dass es noch kleinere Bausteine als Protonen im Atomkern gibt, nämlich die Quarks“, sagt Ulrich Wiedner, Professor für Experimentalphysik an der Ruhr-Universität Bochum. „Drei Quarks bilden ein Proton – aber wie dieses einfachste zusammengesetzte Teilchen funktioniert, verstehen wir nicht.“
Klar scheint: Die sogenannte starke Wechselwirkung bindet die drei Quarks im Proton. Verantwortlich dafür sind die Gluonen, eine weitere Sorte von Teilchen, die die Träger der starken Wechselwirkung sind. Aber wie genau es ihnen gelingt, die Quarks zusammenzuhalten, ist bislang ein Rätsel. Und diese Frage ist nicht das einzige Mysterium, das Teilchenphysiker im Hinblick auf das Proton umtreibt. Denn unklar ist auch, woher dieses eigentlich seine Masse bekommt.
Mehr als die Summe seiner Teile
Intuitiv würde man annehmen, dass die Masse der drei Quarks zusammengenommen die Masse des Protons ergibt. Aber die Quarks wiegen insgesamt gerade einmal 17 Mega-Elektronenvolt, eine vereinfacht ausgedrückte Einheit, mit der Physiker das Gewicht von Teilchen angeben. Ein Proton hingegen bringt 938 Mega-Elektronenvolt auf die Waage.
„Das Proton ist also rund 55-mal schwerer als die Massen seiner drei Quarks zusammengenommen“, verdeutlicht Wiedner. „Die restliche Masse muss aus der starken Wechselwirkung kommen. In ihr steckt sehr viel Energie.“ Und Energie ist quasi Masse, wie Einstein mit seiner berühmten Gleichung E=mc² feststellte. Um das Proton zu verstehen, müssen die Teilchenphysiker daher erst einmal die starke Wechselwirkung genauer ergründen.
Ein Schritt dorthin führt über die Vervollständigung des Teilchenzoos.
Quelle: Julia Weiler/ RUBIN, Ruhr-Universität Bochum