Von unseren Vorfahren ausgerottet: Nicht das Klima führte zum Aussterben der eiszeitlichen Höhlenbären, sondern höchstwahrscheinlich der Mensch. Denn als sich der Homo sapiens vor rund 40.000 Jahren in Europa ausbreitete, begann auch der drastische Rückgang der großen Eiszeit-Bären, wie DNA-Analysen enthüllen. Offenbar trug die Jagd und Konkurrenz durch unsere Vorfahren entscheidend dazu bei, dass diese Tiere vor 25.000 Jahren endgültig verschwanden, wie die Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“ berichten.
Wie Mammut, Wollnashorn und Säbelzahnkatze gehörte der Höhlenbär (Ursus spelaeus) zur Megafauna des Eiszeitalters – und wie sie ist dieser eiszeitliche Bär heute ausgestorben. Warum die einst über ganz Europa verbreiteten Höhlenbären vor rund 25.000 Jahren endgültig verschwanden, ist allerdings strittig. Einige Forscher halten den unflexiblen, rein pflanzlichen Speiseplan dieser Bären für den Grund, andere sehen in der starken Abkühlung des Klimas auf dem Höhepunkt der letzten Kaltzeit die Hauptursache.
Klima oder Mensch?
Neuere Daten belegen allerdings, dass der Populationsrückgang bei Ursus spelaeus schon Jahrtausende vor dem letzten glazialen Maximum begann. Das weckte die Vermutung, dass nicht die Natur, sondern der Mensch an ihrem Aussterben schuld sein könnte. Dafür aber fehlte es bislang an klaren Belegen.
Stichhaltige Argumente für Schuld unserer Vorfahren liefert nun die bisher umfangreichste Analyse fossiler Höhlenbären-DNA. Joscha Gretzinger von der Universität Tübingen und seine Kollegen haben dafür Knochenproben von 59 Bärenskeletten aus der Schweiz, Polen, Frankreich, Spanien, Deutschland, Italien und Serbien untersucht. Sie isolierten und sequenzierten die mitochondriale DNA aus diesen 50.00 bis 23.000 Jahre alten Relikten.
Drastischer Schwund vor 40.00 Jahren
Das Ergebnis: Bis vor rund 50.000 Jahren war die Höhlenbär-Population in Europa relativ stabil. Selbst während drei besonders kalten Perioden des Eiszeitalters nahm die genetische Vielfalt der Bären kaum ab. Doch dann änderte sich das Bild: Vor rund 50.000 Jahren begann die Höhlenbär-Population zunächst langsam abzunehmen, ab etwa 40.000 Jahren schrumpften dann ihre Bestände in drastischem Maße.
„Die Abkühlung am Anfang des letzten glazialen Maximums aber begann frühestens vor 30.000 Jahren – das ist fast 20.000 Jahre nach dem Beginn des Populationsrückgangs bei den Höhlenbären“, konstatieren Gretzinger und seine Kollegen. Ihrer Ansicht nach sprechen diese Daten daher dagegen, dass das Klima die Hauptursache für das Aussterben der Höhlenbären war.
Bejagung und Konkurrenz
Was aber war es dann? Nach Ansicht der Forscher muss der Mensch mit im Spiel gewesen sein – dafür spreche schon der zeitliche Ablauf. Denn der drastische Rückgang der Höhlenbären begann just dann, als sich der Homo sapiens in Europa ausbreitete – unser Vorfahr. Er könnte zunehmend zum Feind und Konkurrenten des Bären geworden sein. Dank seiner fortschrittlichen Speer- und Pfeilspitzen war er ein effektiver Jäger. Auf der Suche nach Schutz könnte er zudem viele Bären aus ihren Höhlen vertrieben und getötet haben. „Der Mensch beanspruchte in bestimmten Gebieten den gleichen Lebensraum wie die Bären“, erklärt Verena Schünemann von der Universität Zürich.
Als dann auf den Höhepunkt der letzten Eiszeit das Klima rauer wurde und die Pflanzennahrung für Bär und Mensch knapp, führte die Kombination aus Futtermangel, fehlenden Höhlen und Bejagung dazu, dass die Höhlenbär-Populationen immer kleiner und fragmentierter wurden. Vor rund 25.000 Jahren waren nur noch kleine Restgruppen auf dem Balkan und im italienischen Alpenvorland übrig, wie die DNA-Analysen belegen. Wenig später verschwanden dann auch sie.
„Unsere Studie stützt damit die erhebliche Rolle des Menschen beim allgemeinen Aussterben sowie der lokalen Ausrottung des Europäischen Höhlenbären. Sie beleuchtet damit das Schicksal dieser Spezies“, sagen die Forscher. (Scientific Reports,2019; doi: 10.1038/s41598-019-47073-z)
Quelle: Scientific Reports, Universität Zürich