Während vielerorts von einem neuen Waldsterben zu lesen ist, sehen viele Fortexperten dies differenzierter: Sie sprechen eher von einem Baumsterben. Denn der Wald als Ganzes wird ihrer Einschätzung nach nicht verschwinden, wohl aber seine heutige Artenzusammensetzung. Der deutsche Wald könnte daher in 50 bis 100 Jahren ganz anders aussehen als heute.
Wenn die „Klimahülle“ nicht mehr passt
„Baumarten, die bisher an ihren Standort gut angepasst waren, geraten schon jetzt und erst recht in Zukunft an die Grenzen ihrer Möglichkeiten“, erklärt Christian Kölling von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Er bezeichnet die für die Baumarten spezifischen Temperatur- und Niederschlagsbedingungen auch als „Klimahülle“ der jeweiligen Art. So ist beispielsweise die Klimahülle der Weißtanne zurzeit fast identisch mit dem Verbreitungsgebiet dieses Baumes in Bayern. Bei der Fichte liegt die Übereinstimmung immerhin noch bei 83 Prozent.
Doch durch die Veränderung des Klimas verlagern sich die Klimazonen und damit auch die Bedingungen im Verbreitungsgebiet der Baumarten. Wie Kölling ermittelt hat, wären dadurch bei der Tanne bis Ende des Jahrhunderts nur noch 82 Prozent des Verbreitungsgebiets geeignet. Bei der Fichte würden sogar nur 17 Prozent der Klimahülle mit der Lage der heutigen Fichtenwälder übereinstimmen.
Ohne Waldumbau geht es nicht
Das aber bedeutet: Sollen die Wälder in Deutschland trotz Klimawandel überleben, müssen sie sich wandeln. Es müssen vermehrt die Baumarten wachsen oder angepflanzt werden, die längeren Trockenphasen und Hitzewellen standhalten. Weil beispielsweise viele Laubbäume tiefere Wurzeln besitzen als Nadelbäume, können sie auch in Trockenperioden noch an das im Boden vorhandene Wasser gelangen. Studien zeigen zudem, dass ein Wald mit einer großen Vielfalt an Baumarten erheblich besser mit widrigen Klimabedingungen zurechtkommt als ein reiner Fichtenforst.
„Angesichts der Klimakrise ist ein umfassender Umbau unserer Wälder weg von naturfernen Fichten- und Kiefernforsten, hin zu naturnahen Laubmischwäldern dringender denn je geboten“, fordert daher auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Forstexperten setzen vielerorts bereits auf einen solchen gezielten Waldumbau: Sie pflanzen beispielsweise junge Laubbäume in die Fichten- oder Kiefern-Monokulturen. Ist dann einmal ein Mischwald entstanden, soll die natürliche Verjüngung durch Samen die Arten- und Altersvielfalt in einem solchen Wald weiter voranbringen.
Ein aufwändiges Unternehmen
Das Problem jedoch: Ein solcher Waldumbau ist aufwendig und vielen Waldbesitzern, aber auch staatlichen Forsten fehlt es an Personal und Geld. Nach Schätzungen des Bunds deutscher Forstleute fehlten derzeit rund 10.000 Fachkräfte in der Forstwirtschaft – meist, weil die Stellen in den letzten Jahren abgebaut und eingespart wurden. „Es ist daher zwingend notwendig, erhebliche Finanzmittel für mehr Forstpersonal in den staatlichen Wäldern bereitzustellen“, meint auch der BUND.
Geld wird aber auch für den eigentlichen Umbau benötigt, beispielsweise für Baumsetzlinge, aber auch für Zäune, die die Jungbäume gegen Wildverbiss schützen sollen. Insgesamt rechnen die Forstexperten mit Kosten für den Waldumbau von 10.000 bis 25.000 Euro pro Hektar. Solche Kosten jedoch sind für viele private Waldbesitzer kaum zu stemmen. Sowohl der BDF als auch der BUND empfehlen daher, private Waldbesitzer finanziell zu fördern – immerhin bewirtschaften diese rund die Hälfte der Wälder in Deutschland.