Dicht bebaut: Egal wo man sich in Deutschland befindet – das nächste Gebäude ist höchstens ein paar Kilometer entfernt. Wie Forscher gemessen haben, beträgt der Abstand zum nächsten Haus an keinem Standort in unserem Land mehr als 6,3 Kilometer. Die wenigen größeren freien Flächen befinden sich dabei überraschenderweise nicht in Naturschutzgebieten, sondern auf Truppenübungsplätzen.
Auf der Erde leben immer mehr Menschen und der Bedarf an Platz für die wachsende Bevölkerung steigt rasant. Schon seit Jahrzehnten nehmen die Städte auf unserem Planeten immer größere Dimensionen ein. Freie Flächen schwinden zunehmend – auch bei uns in Deutschland.
Wie dicht die Bundesrepublik tatsächlich bebaut ist, haben nun Wissenschaftler um Martin Behnisch vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung in Dresden untersucht. Sie wollten wissen: Wie eng stehen die Gebäude in unserem Land und gibt es überhaupt noch freie Zonen ohne Bebauung?
Große Gebäude-Cluster
Um dies herauszufinden, nutzten die Forscher einen Geodatensatz des Bundesamts für Kartographie und Geodäsie. Mithilfe dieser Informationen identifizierten sie alle Gebäude mit einem Grundriss von über zehn Quadratmetern – vom Wohnhaus über Fabrikgebäude bis hin zum Garagenhof. Anschließend berechneten sie die Entfernungen zwischen diesen Gebäuden und machten ihre Ergebnisse auf Karten sichtbar.
Herausgekommen sind Bebauungs-Netze, die sich fast über das gesamte Bundesgebiet erstrecken. „Deutschland ist von einem dichten Netz zusammenhängender Gebäudebestände bedeckt. Je nachdem, welchen maximalen Abstand zwischen Gebäuden wir bei den Berechnungen zugrunde gelegt haben, konnten wir für das Bundesgebiet mehr oder weniger große Gebäude-Cluster sichtbar machen“, erklärt Behnisch.
Häuser überall
Konkret offenbarten die Ergebnisse: Kein einziger Standort in der Bundesrepublik ist weiter als 6,3 Kilometer vom nächsten Haus entfernt. Selbst mitten in vermeintlich abgelegener Natur ist das nächste Gebäude demnach nicht weit – wahrscheinlich befinden sich sogar mehrere Häuser in unmittelbarer Nähe. Denn wie das Forscherteam herausfand, trifft auf 99 Prozent der Gebäude zu: Das nächste Haus steht in maximal 1,5 Kilometer Abstand.
Sogar als die Wissenschaftler nur 840 Meter als maximalen Abstand bei ihren Berechnungen zugrunde legten, ergab sich ein überraschend dichtes Netz auf der Karte: „Es zeigte sich ein zusammenhängendes Gebilde, das sich über die gesamte Republik erstreckt“, berichtet Mitautor Diego Rybski vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
Truppenübungsplätze als freie Zonen
Damit drängt sich zwangsläufig die Frage auf: Wo gibt es noch gebäudefreie Gebiete und wie groß sind diese Freiflächen? Auch dies analysierten Behnisch und seine Kollegen und stellten fest: Das größte unbebaute Gebiet misst gerade einmal 12,6 Kilometer im Durchmesser. Der maximale Abstand zum nächsten Haus beträgt dort 6,3 Kilometer.
Das Überraschende dabei: „Entgegen unseren Erwartungen sind die größten Freiflächen nicht etwa in Naturschutzgebieten zu finden. Stattdessen zeigte sich, dass noch genutzte oder ehemalige Truppenübungsplätze die am wenigsten mit Gebäuden bebaute Fläche aufweisen“, berichtet Rybski. Die drei abgelegensten Gebiete sind demnach die Truppenübungsplätze Bergen im Süden der Lüneburger Heide, Baumholder in Rheinland-Pfalz sowie Hohenfels in der Oberpfalz.
Flächen brauchen Schutz
„Unsere Ergebnisse machen deutlich, wie dringlich es ist, in Deutschland mehr für den Flächenschutz zu unternehmen“, betont Behnisch. Nicht nur bei uns, sondern weltweit ist das Thema Flächennutzung zentral, wenn es um nachhaltige Entwicklung und den Klimaschutz geht.
So gehen durch die zunehmende Bebauung wertvolle Flächen verloren, die zum Beispiel als Ackerland genutzt werden könnten oder als CO2-Senken einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten würden – Moore und Wälder etwa. In den Städten liefern solche grünen Inseln zudem einen Abkühleffekt und wirken sich positiv auf das Wohlbefinden der Bürger aus.
„Fast drei Viertel der bewohnbaren Fläche weltweit werden bereits vom Menschen genutzt. Es wird deshalb immer wichtiger, die Siedlungsentwicklung kontinuierlich zu beobachten und mit Blick auf Fragen nachhaltiger Entwicklung zu bewerten“, schließt Rybski. (Landscape and Urban Planning, 2019; doi: 10.1016/j.landurbplan.2019.103631)
Quelle: Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V